Wiederaufbauhilfe für die Ukraine jetzt?  

Warum Liechtenstein jetzt handeln sollte. Leserbrief von Markus Sprenger, Triesen 

Lieber Erich Hasler, es ist nachvollziehbar, dass die finanziellen Aufwendungen für den Wiederaufbau der Ukraine und die Unterstützung von Geflüchteten Diskussionen auslösen. Aber genau hier sollten wir differenzieren: Die Ukraine-Hilfe ist keine Frage des „Musterschülerdaseins“, sondern der europäischen Stabilität. Eine Ukraine, die sich erholt, bedeutet weniger Geflüchtete, weniger Spannungen in Europa und mehr Sicherheit für uns alle – auch für Liechtenstein.

Es mag leicht erscheinen, zu argumentieren, dass wirtschaftliche Erholung erst nach Kriegsende möglich ist. Doch wer so denkt, verkennt, dass genau jetzt die Grundlagen dafür geschaffen werden müssen. Der Wiederaufbau wird nicht erst nach einem Friedensschluss beginnen. Gerade der Aufbau von Strukturen und die Bekämpfung von Korruption können ein nachhaltiges Fundament legen. Diese „politische Erholung“ verhindert, dass die Ukraine nach dem Krieg in ein Chaos stürzt, was wiederum langfristig noch teurere Folgen hätte – auch für uns.

Die Schweiz handelt klug, indem sie in die Stabilität Europas investiert. Es ist daher logisch, dass Liechtenstein diesem Vorbild folgt. Ein Argument, das immer wieder auftaucht, ist der Vergleich mit anderen Krisengebieten wie dem Nahen Osten. Doch die Ukraine liegt in unmittelbarer Nähe zu Europa, und ihre Stabilität hat direkte Auswirkungen auf die gesamte Region.

Die Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten sind hoch. Doch wer die Fluchtursachen – in diesem Fall den Krieg – nicht anpackt, wird auf lange Sicht nur noch mehr Geld ausgeben müssen. Eine stabile Ukraine bedeutet, dass Menschen schneller zurückkehren können, und das reduziert langfristig die Belastungen für die aufnehmenden Länder. Neid ist hier also fehl am Platz. Wir tun es nicht aus Gutmenschentum, sondern weil es in unserem eigenen Interesse liegt.

Letztlich: Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wenn Liechtenstein in Krisenzeiten auf Hilfe angewiesen wäre, würden wir von unseren Nachbarn nicht weniger erwarten.