«Verbindend, respektvoll – und wehrhaft für die Menschen, die Schutz und Hilfe nötig haben»: So skizziert Vu-Regierungsratskandidat Emanuel Schädler den Politikstil, den er bei einer Wahl in die Regierung pflegen möchte. Im Interview schildert er, worauf dieser Stil gründet, was ihn zu seiner Kandidatur motiviert hat und noch einiges aus seinem Leben, das wenig bekannt ist.
Der 19. August war für Sie ein Tag, wie ihn sich ein Drehbuchautor kaum spezieller ausdenken könnte. Wenige Stunden nachdem Sie Ihre Stelle bei der Erwachsenenbildung Stein Egerta angetreten hatten, gab die VU bekannt, dass Sie als Regierungsratskandidat nominiert werden. Wie haben Sie den Tag und die Wochen zuvor erlebt?
Emanuel Schädler: Ja, aus dem ereignisreichen 19. August liesse sich vielleicht eine unterhaltsame Komödie machen. Ich stelle mir als Besetzung in meiner Hauptrolle Louis de Funès vor: Wie er sich zappelig zwischen gleichzeitigen Terminen hin und her jongliert und alles immer mehr durcheinandergerät – um am Schluss doch gut zu enden! Und so erging es mir auch. Zum Glück.
Gibt es einen speziellen Moment, der Ihnen besonders in Erinnerung bleiben wird?
Der Schlüsselmoment war, als ich meinen neuen Kolleginnen und Kollegen von der Stein Egerta «beichten» musste, dass ich mich gleich nach dem Einstand-Znüni wieder auf den Weg machen müsse zur Vorbereitung der Pressekonferenz. Da gab es eine Sekunde der Stille, nachdem ich das alles so gesagt hatte. Ich schaute in die Runde. Ich sah den Gesichtern förmlich an, wie plötzlich – klirr! – der Groschen fiel. Und sogleich brach ein spontaner Applaus aus. In dem Moment merkte ich, dass ich auf die Unterstützung und das Wohlwollen meiner Kolleginnen und Kollegen zählen konnte und auf dem richtigen Weg war. Das hat mich besonders gefreut und motiviert.
Wie überraschend kam die Anfrage der VU für Sie?
Natürlich hatte ich vorgängig mit verschiedenen Mitgliedern der VU Kontakt gehabt. Ein beiderseitiges Interesse an einem politischen Engagement hatte sich abgezeichnet. Aber worauf das konkret hinauslaufen würde, war völlig offen und ahnte ich damals nicht. Als daher die Anfrage für die Kandidatur als Regierungsrat kam, war ich so freudig überrascht, dass ich aus dem Stegreif sofort zusagte. «Willst du nicht noch deine Frau fragen?», gab man mir lächelnd zu bedenken. Ja, klar, das habe ich dann auch noch gemacht. Aber ich hatte richtig gelegen, denn sie meinte auch sinngemäss: «So, wie ich dich kenne, hast du wohl gleich zugesagt und würde diese Aufgabe auch sehr gut zu dir passen, wenn es klappt.» Und sie erzählte, ich hätte damals in Bern schon einmal beiläufig geäussert, es ziehe mich vielleicht eines Tages in die liechtensteinische Politik.
Was hat Sie zu Ihrer Zusage motiviert?
Mich hat motiviert und mich motiviert noch immer, dass ich im VU-Team viele meiner Kenntnisse und Fertigkeiten einbringen kann. Mich motiviert, dass ich mich so geben und verhalten kann, wie ich bin, und schon dadurch unser Team stärke. Vor allem motiviert mich aber, dass ich bei erfolgreichen Wahlen sozusagen in vorderster Front für unser Land und unsere Bevölkerung arbeiten kann.
Juristen sind in der Regierung keine Seltenheit – Ihre Spezialisierung auf Römisches, teils Kanonisches Recht und Rechtsgeschichte lässt Sie aber aus der Masse herausstechen. Was macht für Sie die Faszination Ihrer Fachgebiete aus und wie können Sie davon in der Regierungsarbeit profitieren?
Die Juristerei alleine wird einem bald einmal langweilig (lacht). Sie ist ein hilfreiches Handwerk, eine solide und breite Grundausbildung. Es wäre aber schade, dabei stehenzubleiben und sie nicht weiter zu nutzen. So kam ich vom Römischen Recht zum Kanonischen Recht und schliesslich zur Rechtsgeschichte. Ein Komplettpaket. Denn das Römische Recht lehrt uns juristisches Denken, Argumentieren und Analysieren. Das Kanonische Recht versucht die menschliche Existenz mit Seele, Gewissen und so weiter zu erfassen. Die Rechtsgeschichte relativiert unser Rechtsverständnis über Jahrtausende hinweg.
Im Vordergrund stand bei mir stets der Anwendungsnutzen, quasi eine angewandte Rechtsgeschichte: Wie bringt es uns weiter? Aus dem Wissen sollen praktische und pragmatische Lösungen für die Menschen fliessen. Und das werde ich auch in der Regierungsarbeit nutzen: umschauen, auswählen, einarbeiten, lesen, verstehen, argumentieren, tiefer und besser verstehen und schliesslich daraus tragfähige Lösungen erarbeiten.
Wenn Sie die freie Wahl hätten: Welches Ministerium und welche Geschäftsbereiche würden Sie sich wünschen, wenn Sie nach den Wahlen Einsitz in der Regierung nehmen können?
Ich halte Flexibilität und Anpassungsvermögen gerade in der Politik für wichtige Tugenden, die ich pflegen möchte. Ich bin ein Allrounder und Teamplayer. Deshalb werde ich am Ende dort «spielen», wo man mich einsetzt.
Welchen Politikstil dürften die Wahlberechtigten von einem Regierungsrat Emanuel Schädler erwarten?
Als Jurist, Rechtshistoriker und Mediator ist mein Politikstil erstens verbindend: zwischen Tradition und Zukunft, zwischen Werten und Innovation, zwischen den Generationen. Er ist zweitens respektvoll: Die besten Lösungen entstehen im Miteinander, und dieses Miteinander braucht gegenseitigen Respekt als Grundlage. Aber man setze dabei nicht Höflichkeit mit Schwäche gleich. Denn mein Politikstil ist drittens auch wehrhaft: In guter Tradition der VU will ich mich dort, wo die Menschen Schutz und Hilfe nötig haben, einsetzen und für die Betroffenen wehren.
Wo können die Bürgerinnen und Bürger Sie bis zu den Landtagswahlen näher kennenlernen?
An den Nominationsversammlungen der Landtagskandidatinnen und Landtagskandidaten der VU in den einzelnen Gemeinden werden Brigitte, Hubert und ich jeweils teilnehmen. Daneben gibt es vom VU-Stand am Vaduzer Weihnachtsmarkt über abendliche Diskussionsanlässe von Ortsgruppen bis hin zu Sonntags-Brunchs verschiedene Veranstaltungen, an denen ich anzutreffen sein werde. Der Terminkalender dafür findet sich auf der VU-Website unter www.vu-online.li/termine. Und wenn mich jemand dringend persönlich unter vier Augen kennenlernen will, organisieren wir gerne auch einen Termin über unser Parteisekretariat.
Ansonsten gibt es auch die Möglichkeit, mich in der digitalen Welt kennenzulernen: Es wurden von Fernsehen und Radio verschiedene Podcasts und Interviews von mir aufgenommen. Auf Social Media – Instagram und Facebook – bin ich inzwischen auch vertreten. Und natürlich sind viele meiner Schriften und wissenschaftlichen Veröffentlichungen online auffindbar, so zum Beispiel auch meine damaligen Beiträge in der «lie:zeit».
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit, wenn Sie nicht mit der Leitung der Erwachsenenbildung, der Forschung oder dem Wahlkampf beschäftigt sind?
Hin und wieder tobe ich mich bei Budokan Kampfsport und Kampfkunst in Nendeln aus, und kürzlich habe ich für mich das Musizieren auf dem Kontrabass entdeckt. Ich habe schon immer gerne Musik gehört. Aber selber Musik zu machen – und sei es nur in den bescheidenen Anfängen, in denen ich mich noch befinde – ist von ganz anderer Faszination: Diesem sperrigen Holzungetüm von Instrument Töne zu entlocken, die so tief sind, dass man sie am Schwingen der Saiten mit blossem Auge sehen kann, ist einfach nur fantastisch. Manchmal bin ich beim Üben und Spielen so vertieft, dass mein Zeitgefühl ganz vergessen geht. In unserer digitalen Welt bildet der Kontrabass für mich einen wohltuenden Gegenpol. Und auch hier gibt es eine Geschichte mit historischer Dimension.
Welche?
Mein Musiklehrer besitzt einen mehrere Hundert Jahre alten Kontrabass. Dieser ist von Menschenhand gefertigt aus Holz, Klebstoff, Lack, Metallteilen, Saiten und viel Handwerkskunst, hat über die Jahrhunderte etliche Dellen und Kratzer angesammelt und so manchen Musiker kennengelernt, der auf ihm spielte. Und noch heute hat dieser Kontrabass dennoch – oder vielleicht gerade deswegen? – einen bezaubernden und eigenen Klang, auf den mein Musiklehrer schwört. Das fasziniert mich.
Welche Schlagzeile würden Sie gerne Anfang des Jahres 2029 im Rückblick auf eine erste Amtsperiode in der Regierung über sich lesen?
«Schädler stellt sich zur Wiederwahl!» Aber viel wichtiger als die Schlagzeile ist der Untertitel darunter: «In den vergangenen vier Jahren hat Regierungsrat Schädler im Ministerium für XY den politischen Kurs der goldenen Mitte verfolgt. Dies mit grossem Erfolg und starkem Rückhalt in der Bevölkerung. Den eingeschlagenen Weg will er daher in einer weiteren Amtszeit fortsetzen.» Jetzt bin ich gespannt, lesen wir weiter: «Mit seinem verbindenden Politikstil konnte Schädler in unruhigen Zeiten der gesellschaftlichen Spannungen und drohenden Spaltungen wieder für Ruhe und Stabilität sorgen. Zuhören statt schnellsprechen, war seine Devise. Schädlers Lösungsansätze verbanden sowohl Traditionsbewusstsein als auch Innovation. Er selbst erklärt, es sei ihm von vornherein ein wichtiges Anliegen gewesen, zwischen der älteren und jüngeren Generation zu vermitteln und daraus wieder ein solides Miteinander zu schaffen.»