Ein Meilenstein in der Energieversorgung Liechtensteins war die Errichtung des Samina-Werks. Nach nur zweijähriger Bauzeit konnte das Elektrizitätswerk am 1. Dezember 1949 in Betrieb genommen werden. Gleichzeitig mit der Eröffnung nahmen auch die Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) ihre Tätigkeiten auf.
Grosse Freude bei den Regierungs- und Landtagsvertretern, ebenso bei den Planern und den zahlreichen Arbeitern, die zum Gelingen des Samina-Projekts beigetragen haben. Mit einem Festakt wurde die Inbetriebnahme des neuen Elektrizitätswerks gefeiert. Das «Volksblatt» berichtete, dass an jenem Tag «der Schalter gedreht» wurde, womit die Maschinen ihre Aufgabe übernehmen konnten, das Wasser des Samina-Bachs in elektrische Energie zu verwandeln: «Die Urkraft des Gebirgswassers legte sich in die durch den Bau vorgezeichnete Bahn, dem Menschen dienstbar zu sein.» Freude herrschte über das gelungene Bauwerk, aber vor allem über die Tatsache, dass Liechtenstein «seine volle Selbständigkeit in der Versorgung mit elektrischer Energie erreicht» habe. Die damals gemachte Prognose, mit dem Samina-Werk werde die Eigenversorgung des Landes «voraussichtlich auf Jahrzehnte hinaus gesichert sein», erfüllte sich nur zum Teil: Bereits ab Mitte der 1960er-Jahre musste aufgrund der Wirtschaftsentwicklung und der Modernisierung der privaten Haushalte mit Kochherden, Heizungen und anderen Maschinen Strom zugekauft werden.
Im Rahmen einer Eröffnungsfeier zeigte sich Regierungschef Alexander Frick sehr zufrieden über das gelungene Werk. Ferner meinte er, die Elektrizität habe auch in Liechtenstein ein Ausmass erreicht, wie man es nie erwartet hätte. Man könne sich das wirtschaftliche wie auch das häusliche Leben ohne Strom überhaupt nicht mehr denken. Mit der Inbetriebnahme des Samina-Werks, betonte der Regierungschef, sei der Wunsch der Bevölkerung nach Unabhängigkeit im Bereich der Elektrizität zur Wirklichkeit geworden.
Mit dem Startschuss des Samina-Werks nahmen auch die Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) offiziell ihre Tätigkeit als Stromversorgungsunternehmen auf. Der Landtag hatte dazu im Jahr 1947 ein eigenes Gesetz über die LKW geschaffen. Im Einführungsparagraphen wurde damals festgehalten, dass das Land eine öffentlich-rechtliche Anstalt unter dem Namen «Liechtensteinische Kraftwerke» gegründet habe. Im Zweckartikel wurde der Tätigkeitsbereich der Kraftwerke so umschrieben: «Erzeugung, Ankauf, Verkauf elektrischen Stromes zwecks Versorgung der liechtensteinischen Wirtschaft mit elektrischer Energie. Darin eingeschlossen ist im Bedarfsfalle Import und Export elektrischer Energie.» Lag bei der Inbetriebnahme des Samina-Werks der Schwerpunkt noch auf der Eigenerzeugung von Strom, so besteht heute die Hauptaufgabe darin, die von Wirtschaft und Haushalten benötigte elektrische Energie auf den internationalen Strommärkten einzukaufen – aktuell gut drei Viertel des jährlichen Stromverbrauchs.

Das Volk stimmt 1947 dem Samina-Werk zu
Die Stromversorgung des Landes wurde bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs durch das Landeswerk Lawena und den Zukauf von den Vorarlberger Kraftwerken gesichert. Mit der Ansiedlung und dem Aufbau von Industriebetrieben nach dem Krieg zeichnete sich ab, dass eine neue Energiequelle erschlossen werden müsse, um den stetig steigenden Strombedarf aus möglichst einheimischer Quelle zu sichern. Für ein Wasserkraftwerk stand damit nur die Nutzung der Gebirgsbäche zur Verfügung. Regierung und Landtag sprachen sich für den Bau des Samina-Werks aus. Doch wollten sie nicht allein darüber entscheiden, das Volk sollte das letzte Wort haben. Denn die Kosten von 7,5 Millionen Franken waren im Jahr 1947, nur zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, eine hohe Summe für den Staatshaushalt. Das Resultat der Abstimmung vom 15. Juni 1947 bestätigte, was in der Bevölkerung zu hören war: Mit grosser Mehrheit von 2173 Ja gegen nur 216 Nein votierten die Stimmberechtigten für den Bau des Samina-Werks. In allen Gemeinden gab es zur Zufriedenheit von Regierung und Landtag eine deutliche Mehrheit für das Projekt, dessen Realisierung gleich nach der Abstimmung in Angriff genommen wurde. Als das Elektrizitätswerk schon zwei Jahre später die Stromproduktion aufnehmen konnte, war damit für mehr als zehn Jahre der Eigenbedarf an elektrischer Energie gesichert. Zudem konnten die Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) gar einen Teil des Stroms exportieren.
Sicherheit durch Eigenproduktion von Strom
Das «Liechtensteiner Volksblatt» kommentierte das Abstimmungsergebnis dahingehend, dass sich die Bevölkerung klar hinter ein «Bauvorhaben von nationaler Bedeutung» gestellt habe. Ausserdem sei hinter dem Ja der Bevölkerung der Wille zu erkennen, «die Versorgung des Landes mit elektrischer Energie aus eigener Kraftreserve» zu sichern. Weiter blickte der Kommentator in die Zukunft, indem er bekräftigte: «Es ist dies ein Entschluss von weitertragender Bedeutung für die Zukunft einesteils deshalb, weil sich eine zulänglichere Stromversorgung unserer Wirtschaft aus dem bereits bestehenden Mangel ergibt, dann aber besonders, weil nach dem Bau des Werkes unser Land von der Zufuhr elektrischer Kraft aus dem Ausland enthoben ist und damit in der Stromversorgung auch in Krisenzeiten ganz auf eigenes Gebiet überstellt sein soll.»
Wie wichtig die Strom-Selbstversorgung damals angesehen wurde, ergibt sich aus einem Beschluss des schweizerischen Bundesrates von Anfang 1947: Infolge der geringen Niederschläge sei die Versorgung mit Strom gefährdet, die Reserven der Stauseen seien bald aufgebraucht, sodass sich Massnahmen zur Reduktion des Stromverbrauchs aufdrängten. Die städtischen Strassenbahnen wurden angewiesen, einen Fünftel des Stromverbrauchs einzusparen: durch reduzierten Verkehr an den Sonntagen und durch den Verzicht auf die Heizung der Wagen. Das «Volksblatt» begleitete die angespannte Lage bei der Stromversorgung in der Schweiz mit dem klaren Bekenntnis, Liechtenstein müsse seine Eigenproduktion durch ein neues Kraftwerk steigern. Zwar sei die wirtschaftliche Situation im Nachgang des Zweiten Weltkriegs nicht optimal für eine solche Investition, doch sollte bald ein Entscheid gefällt werden, weil die benötigten Turbinen nicht von heute auf morgen geliefert werden könnten: «Je weiter wir den Beginn der Bauzeit hinausschieben und je länger wir die Generatoren nicht bestellen können, umso mehr werden wir unter Umständen Mängeln ausgesetzt sein und umso mehr Geld geht für Stromimporte ins Ausland, das zur Verzinsung und Amortisation eines eigenen Werkes Verwendung finden könnte.»

Quelle: Liechtensteinisches Landesarchiv Vaduz-
Durchstich 1948 für den Masescha-Druckstollen
Mit dem Samima-Werk begann die Ausnützung der Wasserkraft des Saminatals, die zum Antrieb der Turbinen auf die Talseite gebracht werden musste. Die Planung sah im Steg eine Wasserfassung entlang des Kleinstegs in den Stausee vor, während das Wasser des Malbunbachs über eine Leitung durch den Kleinsteg in den Stausee zugeführt werden sollte. Für einen späteren Ausbau wurde auch die Möglichkeit erwogen, unterhalb des Grossstegs einen Stausee anzulegen. Mit dem billigeren Nachtstrom könnte das Stauwasser in das Ausgleichsbecken gepumpt werden. Als Vorbild für diese Überlegung dienten die Vorarlberger Kraftwerke, die schon damals solche Anlagen betrieben: Der günstige Nachtstrom wurde zur Wasserstauung und zur besseren Ausnützung der Wasserkraft eingesetzt.
Die Bauarbeiten gingen nach der Volksabstimmung zügig voran. Schon am 14. Juli 1948 konnte der Durchstich des Masescha-Druckstollens durch den Kulm gefeiert werden. Wie die Zeitungen damals berichteten, war der Stollen 1964 Meter lang, der auf der Masescha-Seite anschliessende Rohrstollen mass 92 Meter, womit sich eine Gesamtlänge von 2056 Metern ergab – fast die dreifache Länge des Strassentunnels von Gnalp nach Steg, wie das Volksblatt vorrechnete. Etwa 7000 Kubikmeter Gestein musste für den Druckstollen aus dem Berg ausgebrochen werden. Interessant dabei, dass für diese Arbeit zu wenige Arbeiter aus Liechtenstein zur Verfügung standen. Für diese Bergwerkarbeit wurden darum italienische Bauarbeiter eingesetzt. Ebenso bemerkenswert dürfte sein, dass schon damals der ursprünglich bewilligte Kredit nicht ausreichte. Per Volksabstimmung war eine Summe von 7,5 Millionen bewilligt worden, die Endabrechnung belief sich auf 10,9 Millionen Franken. Allerdings war in dieser Summe auch 1 Million Franken enthalten, die zur Ablösung der Wasserrechte an Vorarlberg entrichtet werden mussten.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.