Leserbrief von Norman Wille,
Vaduz
So ungefähr Mitte der 1970er Jahre habe ich auf meinem Schulweg an der Landstrasse eine kleine Baustelle entdeckt. Dort ist ein rechteckiger Kasten montiert worden. Heute würde ich die Bauarbeiter einfach fragen, wozu dieses graue Erzeugnis moderner Infrastruktur wohl dienen möge. Damals war ich im Gegensatz zu heute noch etwas zurückhaltender in diesen Dingen.
Nun, wenige Tage später enthüllten unsere Landeszeitungen das grosse Geheimnis: Der designtechnisch wenig aufwändig gefertigte Kasten diente … der Verkehrszählung. Wir wollten also wissen, wie viele Fahrzeuge täglich diesen Punkt auf der Landstrasse in Vaduz passieren. In meiner Teenager-Naivität bin ich davon ausgegangen, dass diese Zahlen wohl zu irgendwas nützlich sein werden.
Fünfzig Jahre später weiss ich es etwas genauer: Die erhobenen Zahlen (wir zählen die Autos übrigens immer noch) dienten und dienen dazu, unsere Verkehrsstatistik Jahr für Jahr zu aktualisieren. Zu mehr – ganz sicher nicht. Denn die Verkehrssituation hat sich seitdem kontinuierlich verschlechtert. Geändert hat sich absolut gar nichts. Und es wird sich auch – entgegen der Beteuerungen unserer Landtagskandidierenden – auch in Zukunft nichts ändern. Warum nicht? Weil wir alle es offensichtlich so wollen. Wir haben immer diese Welt, die wir haben wollen. Klar. Ändern könnte man sie schon. Wären wir nur alle – mich eingeschlossen – nicht so furchtbar bequem und komfort-verwöhnt. Das ist der Grund, warum wir kein Verkehrskonzept auf die Reihe bringen. Und daran ändert auch das ganze Heer an »Expertinnen und Experten« nichts, das wir seit fünfzig Jahren mit »Lösungsvorschlägen« beauftragen und durchfüttern. So kommt nichts raus. Auch mit einer neuen »Regierungs- und Landtagsmannschaft« nicht. Da können wir alle sicher sein. Da kommt nix raus.