Wir wählen nur aus

Leserbrief von Jo Schädler,
Bendern

Am 01.12.2020 gab das Vaterland neue Richtlinien für Leserbriefe heraus, die da lauten: „Für veröffentlichte Leserberiefe gewährt der Autor des Leserbriefes der Vaduzer Medienhaus AG das unentgeltliche, zeitlich und örtliche nicht ausschliessliche Recht, diese Aussagen ganz oder teilweise zu nutzen, zu vervielfältigen, zu modifizieren, anzupassen, zu veröffentlichen, zu übersetzen, zu bearbeiten, zu verbreiten, aufzuführen und darzustellen, Dritten einfache Nutzungsrechte an diesen Aussagen einzuräumen sowie die Aussagen in andere Werke und/oder Medien zu übernehmen“.

Erfahrene Leserbriefschreiber, welche sich auch getrauen sich kritisch zu äussern, wissen genau, wann und wo die Zensurkeule des Vaterlandes zuschlägt. Auf Kritik an ihrem Zensurgehabe äusserte sich das Vaterland so: „Wir zensieren nicht, wir wählen aus“. Laut Medienförderungsgesetz hat ein Medium, welches Fördergeld erhält die Pflicht, die „Meinungsvielfalt zu fördern“ und einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Medienunternehmen, die die Meinungs- und Angebotsvielfalt gefährden, sind nicht förderungsberechtigt. Wenn also die öffentliche Meinungsbildung am Schreibtisch eines Vaterland Redakteurs endet und er mit ihr machen und tun kann was er gerne will und sich das Recht herausnimmt sie sogar manipulieren zu können wie es ihm gefällt, darf das nicht mit Steuergeldern auch noch subventioniert werden. Natürlich ist eine Zeitung nicht verpflichtet, einen Leserbrief zu drucken. Aber wenn sie sich in der Grauzone zwischen dürfen und können je nach Laune und parteipolitischen Interessen gütlich tut und subtil und gezielt die öffentlichen Meinungen je nach Gusto aussucht, muss die Medienkommission einschreiten und die Förderung streichen.

Oft genügt ein Komma oder ein harmloses Foto, die Stimmung zu lenken. Wenn William Gerner aus Eschen meint, man müsse die „Liezeit“ verkaufen, dann sei ihm gesagt, dass die „Liezeit“ jeden einzigen Leserbrief veröffentlicht.