Die Gemeindefinanzen sind in Balzers immer wieder ein Thema, das die Bevölkerung beschäftigt. Derzeit ist die Gemeinde dank des horizontalen Finanzausgleichs auf dem besten Weg, wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Eine vorzeitige Senkung des Gemeindesteuerzuschlags könnte diesen Erfolg aber zunichtemachen. Vorsteher Karl Malin erklärt, warum er für 170 Prozent plädiert und zeigt auf, was die Gemeinde mit den zusätzlichen Geldern zum Wohle der Bevölkerung plant.
Interview: Heribert Beck
Herr Gemeindevorsteher, Sie konnten zusammen mit Gemeinderat, Verwaltung und Bevölkerung im vergangenen Jahr gleich mehrere Meilensteine setzen. Dennoch ist die Gemeinde medial derzeit vor allem mit zwei Themen präsent. Beginnen wir mit jenem, das Sie direkt betrifft: Aufgrund welcher Argumente hat sich der Gemeinderat Ende November 2024 einstimmig entschieden, den Steuerzuschlag vorläufig bei 170 Prozent zu belassen?
Gemeindevorsteher Karl Malin: Bei einer Senkung des Gemeindesteuerzuschlags von 170 auf 150 Prozent würden der Gemeinde auf einen Schlag jährlich rund 1,5 Millionen Franken in der Kasse fehlen. Es ist ein Ziel des Gemeinderates, den Satz in den kommenden Jahren nach Möglichkeit zu senken. Die angespannte finanzielle Lage lässt dies jedoch im Moment noch nicht zu. Das vorliegende Budget 2025 wurde bewusst schlank gehalten, damit im Hinblick auf die anstehenden Sanierungen, insbesondere den Neubau der im Jahr 1970 eröffneten Sportanlagen Rheinau, die Reserven noch aufgebaut werden können. Für das Jahr 2025 könnte übrigens erstmals seit 2019 wieder mit einem Aufbau der Finanzreserven in Höhe eines Betrags von rund 405’000 Franken gerechnet werden, wenn der Gemeindesteuerzuschlag bei 170 Prozent bleibt.

Wie steht es generell um die Gemeindefinanzen? Gerade auch angesichts des neuen horizontalen Finanzausgleichs.
Die IG «Gemeindesteuerzuschlag 150 %» «wirbt» damit, dass die Gemeinde per Ende 2023 ein Plus von 17,8 Millionen Franken hatte. Sie verschweigt aber, dass dieses Plus vor gerade einmal fünf Jahren noch 33,6 Millionen Franken betrug. Balzers hatte also innerhalb eines kurzen Zeitraums eine Abnahme von beinahe der Hälfte oder 15,8 Millionen Franken zu verzeichnen. Aktuell, also per Ende 2024, reduzierten sich die «flüssigen» Finanzmittel weiter auf rund 13,7 Millionen Franken, wobei 10 Millionen Franken zur Abdeckung der laufenden Geschäfte nicht unterschritten werden sollten. Nicht zu vergessen: mit dem bestehenden Gemeindesteuerzuschlag von 170 Prozent! Der grösste Teil des rasanten Abbaus der Finanzreserven wurde in den von der Mehrheit der Bevölkerung gutgeheissenen Dorfplatz investiert. Den Gemeindeverantwortlichen ist aber auch bewusst, dass weitere dringende Investitionen anstehen.
Was würde es für die finanzielle Situation der Gemeinde bedeuten, wenn der Steuersatz nach dem Willen des Referendumskomitees auf 150 Prozent gesenkt würde?
Es ist generell festzuhalten, dass sich der Gemeinderat nicht per se gegen eine Steuersenkung ausspricht. Es geht also nicht um das Ob, sondern um das Wann und Wie. Für den Gemeinderat ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Der Handlungsspielraum der Gemeinde in Bezug auf zukünftige Investitionen würde abrupt abnehmen. Was dem Grundgedanken des neuen Finanzausgleichs, nämlich der Stärkung der Gemeindeautonomie, diametral widersprechen würde. Wichtig ist auch zu wissen, dass es bei dieser Abstimmung nicht um die Frage 170 oder 150 Prozent Gemeindesteuerzuschlag geht. Es geht um die Zustimmung oder Ablehnung des Gemeinderatsbeschlusses vom
27. November 2024, mit dem der Gemeinderat einstimmig die Beibehaltung des Gemeindesteuerzuschlags von 170 Prozent für das Steuerjahr 2024 festgelegt hat.
Wie könnte ein Vorgehen einer für die Gemeinde vertretbaren und verkraftbaren Senkung des Gemeindesteuerzuschlags aussehen?
Der Gemeinderat hat die Finanzkommission der Gemeinde Balzers Ende letzten Jahres beauftragt, ein entsprechendes Strategiepapier zuhanden des Gemeinderates zu erarbeiten, dies in Zusammenarbeit mit externen Finanzexperten. Der Gemeinderat möchte eine Entscheidung für Balzers aufgrund einer fachlich und inhaltlich fundierten Analyse und aufgrund von Expertenempfehlungen fällen. Man muss sich im Klaren sein, dass ein einmal etablierter Steuersatz von 150 Prozent auch einen gewissen finalen Charakter in sich trägt. Eine Erhöhung, aus was für nachvollziehbaren Gründen auch immer, wäre nur sehr schwer zu erreichen. «Hüftschüsse» wären wohl der falsche Weg und würden der Wichtigkeit dieser Entscheidung, auch für kommende Generationen, nicht gerecht. Unsere Aufgabe ist es, dieses Thema solide, fundiert und mit Balzner Augenmass anzugehen.

Welche grösseren Investitionen kommen auf Balzers zu, für die Sie die zusätzlichen Mittel aus dem Zuschlag von 170 Prozent gerne einsetzen würden?
Aktuellstes Beispiel, ich habe es bereits kurz angetönt, ist die Neuerstellung der über 50 Jahre alten Sportanlagen Rheinau. Ein generationenübergreifendes Projekt, das in Form einer Investition direkt der sportbegeisterten Bevölkerung zugutekommen würde. Die Realisierung ist schon mit der Beibehaltung des jetzigen Steuersatzes ein zünftiger «Hosenlupf», aber einer, der dank der Mehreinnahmen aus dem neuen Finanzausgleich und einer etappenweisen Umsetzung auch realisierbar wäre.
Ein anderes Grossprojekt hat Balzers im vergangenen Jahr zu einem würdigen Abschluss gebracht. Welche Rückmeldungen erhalten Sie zum neuen Dorfplatz und wie wirkt er sich auf das Leben in der Gemeinde aus?
Das bestens besuchte Eröffnungsfest des Dorfplatzes wurde durchwegs als sehr positiv beurteilt. An drei Tagen war das Zentrum von Balzers ein Treffpunkt für Jung und Alt und zahlreiche Balznerinnen und Balzner, aber auch Gäste von nah und fern haben das Generationenprojekt Dorfplatz mit Stolz und Freude in Augenschein genommen. Sicherlich ist es nun eine Herausforderung, den Dorfplatz weiterhin mit Leben zu füllen. Der Gemeinderat hat dafür eine Arbeitsgruppe bestimmt und für Initialveranstaltungen finanzielle Mittel gesprochen. Wir sind zuversichtlich, dass in diesem Jahr wieder zahlreiche Veranstaltungen auf dem Dorfplatz stattfinden. Die grösste Veranstaltung wird das Landesfeuerwehrfest mit Gästen aus ganz Liechtenstein und der Region sein.


Ein weiteres Projekt, das nach längerer Vorarbeit vor einem Abschluss steht, ist die Integration der Lebenshilfe Balzers in die Liechtensteinische Alters- und Krankenhilfe, kurz LAK. Warum ist dieser Schritt nach vielen Jahren der Selbständigkeit notwendig geworden und wie steht es um die Umsetzung?
Sowohl der Vorstand der Lebenshilfe Balzers als auch die Gemeindeverantwortlichen haben sich dieses essenziell wichtigen Themas mutig und mit Zuversicht angenommen und Anfang 2024 wegweisende Entscheide getroffen. Die Beweggründe für die Integration sind das in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu erwartende starke Wachstum in der stationären und ambulanten Langzeitpflege mit Hinblick auf die demografische Entwicklung, der damit einhergehende Bettenbedarf im stationären Bereich, die betriebswirtschaftlichen Herausforderungen und das Thema Fachkräftemangel im Pflegebereich.
In sämtlichen Gremien wurde die angestrebte Integration mit grosser Zustimmung aufgenommen. Seit 1. Januar 2025 wird das Alters- und Pflegeheim Schlossgarten von der LAK geführt, und die Familienhilfe Liechtenstein betreut und unterstützt die Pflegebedürftigen ambulant. Gerade im Bereich Familienhilfe/Spitex profitieren nun viele Balznerinnen und Balzner von einem breiteren Angebot rund um die Uhr, 7 Tage in der Woche!

In Sachen öffentliche Mobilität geht Balzers ebenfalls neue Wege. Warum hat sich die Gemeinde für den ersten elektrisch betriebenen Ortsbus des Landes entschieden?
Balzers hat das Label Energiestadt und somit war klar, dass im Gemeinderat über ein Elektrobus diskutiert wird. Schliesslich hat sich der Gemeinderat klar für einen solchen Elektrobus entschieden. Erste Vorabklärungen bezüglich allfälliger Mehrkosten für einen Elektrobus dämpften die Erwartungen zwar, haben aber glücklicherweise ergeben, dass dem nicht so ist. Der Elektrobus war in der Anschaffung nicht teurer als ein Dieselbus. Dabei ist der Fahrkomfort wesentlich besser und die Ladekapazität der Batterie reicht selbst in der kalten Jahreszeit für einen ganzen Tag. Ja, Balzers ist stolz, als erste Gemeinde einen elektrischen Ortsbus zu betreiben!

Gleichzeitig kam in Sachen Ortsbus auch Kritik auf, dass er zu selten verkehre. Wie sehen Sie dies?
Bereits zu Anfang der Legislatur musste der neue Gemeinderat über die Weiterführung des Ortsbusses entscheiden. Die Diskussionen im Gemeinderat zeigten, dass die Weiterführung nur mehrheitsfähig ist, wenn die Kosten für den Ortsbus deutlich reduziert werden. In der Folge einigte man sich auf einen «optimierten» Fahrplan, zumal in den «gestrichenen» Zeiten gemäss Fahrgastzählungen nur sehr wenige Personen nachgewiesen wurden. Mittlerweile hat sich der neue Fahrplan etabliert, und die Fahrgäste freuen sich über den trendigen Elektrobus.
Das zweite, eingangs angesprochene mediale Thema in Bezug auf Ihre Gemeinde ist der Instagram-Hype um den FC Balzers. Er wurde natürlich nicht von der Verwaltung initiiert, passt aber gut zu einem Dorf mit einem so aktiven Vereinsleben wie Balzers. Wie schätzen Sie diesen Hype ein?
Zuerst einmal freut mich diese internationale positive Aufmerksamkeit für den FC Balzers und seine vielen Mitglieder. Balzers ist eine Gemeinde, die schon immer weit über die Region hinaus für ihr aktives, vielfältiges und erfolgreiches Vereinsleben bekannt war und ist. Jetzt hat die Reichweite der Bekanntheit nochmals deutlich zugenommen. Dieses Beispiel zeigt auch, wie die heutige vernetzte Welt funktioniert und was die Kommunikation über die sozialen Medien erreichen und bewirken kann. Ich würde mich freuen, wenn sich aus den unzähligen virtuellen Bekanntschaften auch die eine oder andere nachhaltige Freundschaft im realen Leben ergeben würde. Und natürlich wünsche ich allen grossen und kleinen Fussballerinnen und Fussballern des FC Balzers nach der Winterpause einen guten Start und dass sie diese positive Stimmung mit auf den Platz nehmen können.

Wenn wir beim Wünschen sind und angesichts des noch jungen Jahres: Was wünschen Sie sich und der Balzner Bevölkerung für 2025?
Für das Jahr 2025 wünsche ich allen Balznerinnen und Balznern viel Glück, Erfolg und Gesundheit. Ich wünsche mir, dass wir die «gelebte Gemeinschaft» in Balzers weiterhin pflegen und solidarisch und respektvoll miteinander umgehen, denn es gibt noch viel zu tun!
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