Die FBP hat im Mai-Landtag 2024 mit der Postulatseingabe zum Thema «Betreuungs- und Pflegegeld (BPG)» die Umsetzung diverser Massnahmen initiiert, damit dieses Modell der häuslichen Pflege der fortgeschrittenen Entwicklung bezüglich Bedürfnisse und Inanspruchnahme durch die Familien angepasst und damit verbessert wird. Was hat sich nun mit der Verordnungs-Abänderung aufgrund dieses parlamentarischen Vorstosses mit Inkrafttreten am 1. Januar 2025 verändert?
Text: Johannes Kaiser
Eingangs ist es als erfreulich festzuhalten, dass die Regierung einige Anpassungen im Bereich des Betreuungs- und Pflegegeldes vorgenommen hat, wie insbesondere die Tarifanpassung. Bei weiteren Anliegen der Familien, wie beispielsweise der Regelung, dass Spitalaufenthalte für bestimmte Personen nun bis zu zwölf Tage abzugsfrei bleiben, ist die Hilfestellung nur in marginaler Form verbessert worden. Leider wurde ein äusserst wichtiger Punkt völlig ausser Acht gelassen: Die Bestimmung im Ergänzungsleistungsgesetz (Art. 31bis Abs. 1 Bst. a ELV), die bis Ende 2020 bestand hatte, wurde nicht wieder eingeführt.
Die Rücknahme einer drastischen Verordnungsregelung durch die Regierung ab 1.1.2022 erfolgte nicht!
Bis Ende 2021 konnten Menschen, die Hilfe im Haushalt oder Unterstützung durch eine Drittperson benötigten – wenn diese nicht im selben Haushalt lebt –, diese Kosten über Ergänzungsleistungen (EL) abdecken lassen. Diese Regelung existierte schon vor der Einführung des Betreuungs- und Pflegegeldes und wurde über viele Jahre hinweg aufrechterhalten. Durch die Streichung des entsprechenden Artikels hat sich die Situation für Menschen mit sehr geringem Einkommen deutlich verschlechtert. Besonders betroffen sind Personen, die regelmässige, aber nur kurze Betreuungsleistungen benötigen – beispielsweise weniger als eine Stunde pro Tag. Für diese Menschen besteht kein Anspruch auf das Betreuungs- und Pflegegeld, da die Mindestbetreuungszeit für einen Anspruch bei einer Stunde pro Tag liegt.
Diese Veränderung belastet vor allem diejenigen, die ohnehin schon finanziell stark eingeschränkt sind. Menschen mit sehr geringen Einkommen können sich die notwendigen Betreuungsleistungen häufig nicht leisten und geraten dadurch in noch grössere Schwierigkeiten. Dabei sind gerade solche kleinen Unterstützungen im Alltag oft entscheidend, um schwerwiegenderen Problemen vorzubeugen und die Lebensqualität aufrechtzuerhalten.
Warum die Wiedereinführung der alten Regelung wichtig ist?
Mit der Wiedereinführung der gestrichenen Bestimmung könnten Menschen, die keinen Anspruch auf das Betreuungs- und Pflegegeld haben, wieder Unterstützung erhalten – so wie es bis Ende 2021 möglich war. Diese Massnahme würde besonders denjenigen helfen, die finanziell am schlechtesten gestellt sind und die dringend auf Unterstützung angewiesen sind, um ihren Alltag zu bewältigen.
Eine solche Entscheidung wäre nicht nur sozial gerecht, sondern würde auch dazu beitragen, dass präventive Hilfen für diejenigen zugänglich bleiben, die sie am dringendsten brauchen. Sie könnte helfen, grössere Belastungen für die Betroffenen und auch für die Gesellschaft langfristig zu vermeiden.
Keine ausreichenden Ausnahmeregelungen für Familien mit schwerstkranken Kindern oder schwer Demenzkranke
Bereits in der Postulatsbeantwortung der Regierung, die im November 2024 im Landtag behandelt wurde, wurden Regelungen und Verbesserungen von Ausnahmesituationen, bei denen schwerstkranke Kinder oder schwer Demenkranze betroffen sind, völlig vermisst. Auch in der Verordnungsabänderung betreffend das Betreuungs- und Pflegegeld mit Inkrafttreten vom 1. Januar 2025 werden Ausnahmesituationen, bei denen Eltern beispielsweise ein schwerstbehindertes Kind 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche begleiten, ausgeblendet:
Zwölf Tage sind für viele Krankengeschichten von Menschen mit Behinderung eine viel zu kurze Zeitspanne. So können Betroffene Familien nicht nachvollziehen, dass man sich bei solch schwerwiegenden Krankengeschichten an der Anzahl Tage, wie sie für Ferienaufenthalte gelten, orientiert!
Bei Kindern bis 18 Jahre wird auf die Rückforderung verzichtet. Bei Erwachsenen nur ab Pflegestufe 5 oder 6. Erwachsene Menschen mit Behinderung sowie ihre familiäre Betreuungsperson werden hier grossmehrheitlich ausgeschlossen!
Zwar Teuerungsanpassung – aber im Minimalbereich
Die FBP forderte von der Regierung mit dem Postulat betreffend «Massnahmen zur Optimierung und Weiterentwicklung des Betreuungs- und Pflegegeldes», die Tarife seit der Einführung des BPG im Jahre 2010 – also vor bald 15 Jahren – dringend der Teuerung anzupassen. So können mindestens die gestiegenen Lohnkosten im Betreuungs- und Pflegebereich ausgeglichen werden.
Dieser Forderung der Postulanten ist die Regierung per Verordnung vom 1. Januar 2025 (LGBl. 2024 Nr. 420) nachgekommen, in dem die Tarife der einzelnen Pflegestufen um jeweils 5 % (gerundet auf den nächsten Franken) gemäss der Entwicklung des Landesindexes der Konsumentenpreise erhöht wurden.
Steigende Lohnkosten belasten Bezüger viel mehr als Konsumentenpreisentwicklung
Das Problem besteht darin, dass der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) die Teuerung im Bereich des Konsums der privaten Haushalte in der schweizerischen Volkswirtschaft insgesamt misst (Warenkorb) und nicht die Teuerung eines bestimmten Haushaltes. Der einzelne Haushalt kann aufgrund der abweichenden Ausgabenstruktur stärker oder schwächer von der Preisentwicklung betroffen sein.
Für das Betreuungs- und Pflegegeld beziehungsweise den BPG-Bezüger fallen insbesondere die steigenden Lohnkosten für Betreuungs- und Pflegepersonal ins Gewicht. Dies wird mit dem Landesindex der Konsumentenpreise nicht adäquat abgebildet. Dies bedeutet, dass die reale Teuerung für den BPG-Bezüger von Betreuungs- und Pflegegeld höher liegt als der Landesindex für Konsumentenpreise. Die Tarifanpassung der Regierung bewegt sich somit im Minimalbereich.
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