Vor 29 Jahren wurde in Nendeln die gemeinnützige Stiftung «Musik und Jugend» gegründet. Diese hatte es sich, wie es der Name bereits vermuten lässt, zum Ziel gesetzt, junge musikalische Talente zu fördern. Die Ziele blieben dieselben, als 2010 die «Musikakademie in Liechtenstein» gegründet wurde. Heute ist sie eine der führenden
musikalischen Talentschmieden in Europa.
Text: Christian Imhof
Das Ziel der Musikakademie ist einfach zusammengefasst: Sie will eine exzellente Ausbildung für junge Menschen anbieten. Eine Ausbildung, die mit ihrer Angebotsqualität und Breite nirgends im gleichen Stil zu finden ist. «Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Exzellenz. Und wir verbinden diese mit dem ausschliesslichen Ziel, die uns anvertrauten Musikerinnen und Musiker bestmöglich zu fördern.» So steht es auf der Website. Dabei stehe die musikalische Bildung im Zentrum. Die Qualität des instrumentalen Unterrichts sei auf einem herausragenden Niveau, genau wie die Auswahl der Professorinnen und Professoren und der Studierenden.
Vielseitige Ausbildung
Auch wenn mit Einzelunterricht und dem Musizieren in Kleingruppen die musikalische Ausdrucksform der jungen Talente perfektioniert wird, können die Jugendlichen zusätzlich den Ernstfall erleben. Es besteht die Möglichkeit, sich in Orchestern und Ensembles auszuprobieren, professionell auf Wettbewerbe vorzubereiten und erste Erfahrungen in Entrepreneurship zu sammeln. Zudem erhalten sie die Gelegenheit, mit ihren Vorbildern zu musizieren und von deren Berufserfahrungen zu profitieren. Dass die Welt der Berufsmusikerinnen und Berufsmusiker heute besondere Herausforderungen bereithält, weiss auch die Musikakademie. Aus diesem Grund setzt die international anerkannte Institution bewusst auf ein gesamtheitliches Lernangebot. Dabei lernen die Studierenden auch, sich zu präsentieren, mit Finanzen umzugehen, auf ihren Körper und ihre Gesundheit zu achten und Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Kurz: Sie werden umfassend auf ihre spätere Laufbahn als Musikerinnen und Musiker vorbereitet. Die Auswahl der Teilnehmenden für das Programm sei eine grosse Aufgabe, sagt Drazen Domjanić, Geschäftsleiter der Internationalen Musikakademie. «Der Bewerbungsprozess umfasst das Einreichen von Videos, Empfehlungsschreiben und vielem mehr.» Einheimische werden laut ihm in Nendeln bevorzugt behandelt. «Schliesslich prüfen wir in Liechtenstein, ob es in der Region jemanden gibt, der die Voraussetzungen erfüllt – solche Personen haben Priorität.» Die Zahl der Studierenden belaufe sich auf jährlich rund 120 musikalische Hoffnungsträger. «Wöchentlich nehmen wir etwa sechs Studierende auf, wobei einige mehrmals im Jahr kommen. Alle Teilnehmenden haben nach unserer Einschätzung reelle Chancen, auf dem Musikmarkt erfolgreich zu sein, und sie kommen aus rund 40 verschiedenen Ländern.» Dass das Angebot der Musikakademie einen Nerv trifft, zeigt die grosse Nachfrage. Domjanić erklärt, dass jährlich um die 1000 Anfragen ins Haus flattern. «Bisher war unsere Auswahl ausgezeichnet, und die Akademie kann auf eine beeindruckende Zahl von Alumni verweisen, die heute erfolgreiche Karrieren haben.»
Erfolg auf dem Markt statt eines Diploms
Ein wichtiger Erfolgsfaktor sei, dass an der Musikakademie nicht nur Jugendliche, sondern auch Kinder schon ihre musikalischen Skills erweitern können, sagt Drazen Domjanić. «Da wir die Teilnehmenden bereits ab ihrem 10. Lebensjahr auswählen, können wir sie über einen längeren Zeitraum begleiten und ihnen alles bieten, was sie benötigen, um erfolgreich zu sein. Neben dem Instrumentalunterricht unterstützen wir sie umfassend, damit sie ihre Ziele erreichen können.» Weder Bachelor- noch Masterdiplome würden an der Musikakademie ausgestellt. Das sei die Aufgabe von Universitäten. Wenn Schülerinnen und Schüler an der Akademie an der Intensivwoche teilgenommen hätten, gebe es neben einem reichen Erfahrungsschatz auch noch ein Zertifikat. Dieses sei ein wichtiger erster Schritt in Richtung Profibereich. Domjanić, am Campus bei der Hofstätte Hagenhaus jährlich um die 150 Veranstaltungen auf die Beine stellt , weiss genau, wo die Stärken der Institution liegen. «Unser Ziel ist es, die Besten aus der ganzen Welt zusammenzubringen und sie auf ihre Berufung nach dem Studium vorzubereiten. Für diesen Weg ist kein Diplom erforderlich, sondern Erfolg auf dem Markt – etwas, das niemand und kein Diplom im Voraus garantieren kann.» Die unzähligen Erfolge sprechen für sich. Es erfülle ihn mit Stolz, wenn er sehe, dass das frühe Unterstützen Früchte trage. «Von Gewinnern der grössten Wettbewerbe der Welt über Professuren an führenden Hochschulen bis hin zu Konzertmeisterinnen und Konzertmeistern sowie Mitgliedern der bedeutendsten Orchester weltweit.» Wenn man alle aufzählen würde, bräuchte es schnell mal 50 Seiten voller Interviews, wie er lachend anfügt.
Pionierrolle im ganzheitlichen Denken
In mehreren Dokumentarfilmen wurde in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, wie hart und aufreibend für zarte Gemüter das Geschäft mit der klassischen Musik ist. Beim Schauen dieser Filme bleibt ein fader Beigeschmack hängen, und es ist gut möglich, dass so mancher Elternteil danach eher versucht, den Nachwuchs für Sport zu begeistern. Die mentale Gesundheit sei heute wichtiger denn je, weiss auch Domjanić. Niemand wolle in der Branche, dass der Nachwuchs die Freude an der Musik verliert. «Das ist für uns von entscheidender Bedeutung, und deshalb haben wir zwei Module, die wir jede Woche beziehungsweise einmal jährlich wiederholen.» Eines davon sei «Music & Performance», bei dem in jeder Intensivwoche Themen wie beispielsweise «Exzellenz oder Scheitern – was ist der Unterschied?» durch Vorträge und individuelle Beratungen behandelt werden. Das zweite Modul sei dann ein Symposium, in dem alle wichtigen Themen für Musikerinnen und Musiker abdeckt werden, die nichts mit dem Spielen eines Instruments zu tun haben. «Dazu gehören mentale Gesundheit, ökonomische Werte, Karriereplanung, ein gesunder Lebensstil und alles, was damit verbunden ist.» Somit übernimmt die Musikakademie in Nendeln eine Pionierrolle, denn sie gehört zu den Ersten weltweit, die diese Themen aufgreifen und sie mit den bestmöglichen Expertinnen und Experten behandeln. So seien die Musikerinnen und Musiker optimal gerüstet, um in der heutigen schnelllebigen Zeit als Profi durchzustarten.
An sich selbst glauben
Die Branche verlange viel, sagt Domjanić. «Exzellentes Instrumentalspiel ist nur eine von vielen Komponenten, die junge Musikerinnen und Musiker heutzutage benötigen, wenn sie das Musizieren zu ihrer Lebensberufung machen möchten.» Diejenigen, die das verstehen, hätten grosse Chancen – wie beispielsweise Julia Hagen, Moritz Huemer, Kian Soltani, Sara Domjanić, Timothy Ridout und einige andere junge Talente, die auf ihrem bisherigen Weg gezeigt hätten, was alles möglich ist. «Es ist entscheidend, alle Komponenten zu berücksichtigen und eine ganzheitliche Denkweise zu fördern, denn dies ist wichtiger als nur das Spielen oder die Pflege des eigenen Egos.» Einige gute Tipps hat der Musikförderer Drazen Domjanić für jede und jeden bereit, der einmal mit Musik den Lebensunterhalt bestreiten möchte. «Sie müssen an sich selbst glauben, täglich sowohl Geld als auch Zeit in sich investieren und gut zwischen wohlwollenden Ratschlägen und solchen unterscheiden, die – vor allem in jungen Jahren – oft mit weniger guten Absichten erteilt werden.» Dabei sei es wichtig, auf das eigene Herz zu hören und für sich selbst statt für die grossen Ambitionen der Eltern an sich zu arbeiten. «Selbstvertrauen, höchste Qualität im Sinne von ‹Das Beste ist gerade gut genug› und ein langer Atem sind entscheidend.» Weitere Informationen zur Internationalen Musikakademie in Liechtenstein sowie zum Hagenhaus und zum Ensemble Esperanza finden sich im Internet unter www.musikakademie.li.

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