Vom Tunnelblick zur Panorama-Perspektive

Zwischen Dezember 2024 und Februar 2025 unterstützte eine bahnbrechende, von Erasmus+ geförderte Initiative ukrainische geflüchtete Frauen in Liechtenstein dabei, neue Perspektiven zu gewinnen. Sie entwickelten eine breitere, selbstbestimmte Sicht auf ihre persönliche und berufliche Zukunft.

Grenzen überwinden: Ein Workshop für neue Perspektiven
Am 11. Dezember 2024 versammelten sich zwanzig inspirierende Frauen aus der Ukraine in Liechtenstein zu einem transformativen Workshop, der darauf abzielte, einschränkende Denkmuster zu hinterfragen und eine offene Denkweise zu fördern. Geleitet von Sandra Simader (Perfact Consulting GmbH) und Prof. Dr. Joel Schmidt (Hochschule für angewandtes Management), war dieser Workshop Teil eines Erasmus+-geförderten Projekts zur Förderung von Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen.

Der Workshop konzentrierte sich auf das Konzept der „Panorama“-Perspektive, ein kognitives Modell, das die Teilnehmerinnen durch drei zentrale Phasen führt: Erkennen, Verstehen und Verändern. Durch das Verlassen persönlicher „Filterblasen“ erkundeten die Frauen alternative Sichtweisen und entwickelten konkrete Strategien für ihre persönliche und berufliche Entwicklung.

Christoph Stieg, CEO der Perfact Consulting GmbH und Initiator des Projekts, betont: „Die Fähigkeit, die Welt aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, ist essenziell – nicht nur für die persönliche Entwicklung, sondern auch für die Förderung einer inklusiven Gesellschaft. Dieser Workshop befähigt die Teilnehmerinnen, ihre eigene Geschichte aktiv zu gestalten und neue Wege zu beschreiten.“

Individuelles Coaching: Persönliches Wachstum durch maßgeschneiderte Unterstützung
Im Anschluss an den Workshop wurden im Januar und Februar 2025 individuelle Coaching-Sitzungen angeboten. Diese Eins-zu-eins-Treffen boten den Teilnehmerinnen einen geschützten Raum, um persönliche Themen zu besprechen – von beruflichen Herausforderungen und Selbstverwirklichung bis hin zu Erfahrungen mit Diskriminierung und dem Ankommen in Liechtenstein.

Der Coaching-Prozess umfasste eine erste Sitzung zur Identifikation persönlicher Ziele und Erstellung eines Aktionsplans, gefolgt von einer zweiten Sitzung vier Wochen später, um Fortschritte zu reflektieren, Erfahrungen auszutauschen und neue Herausforderungen anzugehen.

Die Wirkung war tiefgreifend: Teilnehmerinnen berichteten nicht nur von größerer Klarheit und Motivation, sondern zeigten auch eine sichtbare Verbesserung ihres Wohlbefindens. Viele empfanden Erleichterung und Dankbarkeit für die Möglichkeit, ihre Anliegen in einem strukturierten und unterstützenden Umfeld zu teilen.

Stimmen der Veränderung: Teilnehmerinnen berichten

Wer bin ich, wo komme ich her?
Tanja P: Ich heiße Tetiana Perunchak, ich komme aus der Ukraine

Wie lang bin ich schon in Liechtenstein?
Tanja P: In Liechtenstein bin ich seit August 2023

Wie haben Sie von diesem Projekt erfahren?
Tanja P: Von der Präsidentin des Vereins SKS Integrationshilfe Frau Inna Senti

Wie hat Ihnen das Projekt geholfen? (z. B. bei der Integration, Jobsuche,…)
Tanja P: Das Projekt hat mir persönlich geholfen, wichtige Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, meine Einstellung zu den Problemen zu überdenken und etwas zu ändern.

Was war für Sie das Wertvollste an dieser Erfahrung?
Tanja P: Ich war nicht nur als Teilnehmerin, sondern auch als Dolmetscherin an diesem Projekt beteiligt. Die ukrainischen Frauen sprachen über ihre Probleme und tauschten ihre Erfahrungen aus. Wir lebten in einem freien und wohlhabenden Land, wir liebten, wir haben Kinder geboren, wir arbeiteten, wir planten unsere Zukunft. Und plötzlich … Bomben! Raketen! Blut! Tod! Tränen! Zehntausende von Witwen und Waisen! Der Feind hat nicht nur unsere Häuser, sondern auch unser Leben zerstört, nicht nur unser Land, sondern auch unsere Seelen verbrannt. Es ist schwer vorstellbar, wie viel Schmerz wir in unseren Herzen tragen! Dieser Schmerz kann nie geheilt werden! Wir sind nicht auf der Suche nach gespendetem Brot hierher gekommen, sondern nach der Rettung vom Krieg!

Im Namen der ukrainischen Frauen, die an diesem Projekt teilgenommen haben, und auch in meinem eigenen Namen möchte ich den Projektorganisatoren meinen aufrichtigen Dank für den wertvollste Schatz aussprechen, das wir von ihnen erhalten haben – wir wurden gehört und verstanden, wir erhielten Unterstützung und Hilfe, sondern keine Demütigung, wir wurden motiviert  weiterzuleben, zu atmen und an die Zukunft zu glauben!

Würden Sie das Projekt anderen Frauen empfehlen? Warum?
Tanja P: Ja, weil das geistige Brot ist oft wichtiger und zeitgemäßer als das tägliche Brot, und es gibt etwas viel wertvoller in diesem Leben als Sachwerte! Letztendlich bekommt jeder das, was er sucht!

Ein Schritt in Richtung einer inklusiveren Zukunft
Diese Initiative, koordiniert von AIBA (Nationalagentur Erasmus+ Liechtenstein) in Zusammenarbeit mit Perfact Consulting GmbH (Liechtenstein), der Hochschule für angewandtes Management (Ismaning, Deutschland) und dem SKS Integrationshilfe e.V. (Liechtenstein), stellt einen wichtigen Schritt zur Förderung von Integration, Resilienz und Empowerment unter geflüchteten Gemeinschaften dar.

Durch die Bereitstellung von Werkzeugen für Perspektivenerweiterung, Selbstreflexion und gezielte Handlungsschritte unterstreicht das Projekt die Bedeutung von Bildung und Coaching für eine inklusivere und anpassungsfähige Gesellschaft. Inna Senti, Direktorin des SKS, fasst es treffend zusammen: „Die Zeit ist sehr schnell vergangen! Wir sind euch sehr dankbar für diese spannende Erfahrung, für so viele wunderbare Momente – wir haben unglaublich viel zusammen erlebt und gelernt.“

Für diese Frauen hat die Reise zu erweiterten Perspektiven und neuen Möglichkeiten in Liechtenstein gerade erst begonnen.