Sabine Monauni nimmt in der neuen Liechtensteiner Regierung nicht nur als Stellvertreterin der Regierungschefin eine besondere Stellung ein, sondern auch als einziges Mitglied mit Regierungserfahrung. Von viel Erfahrung kann sie auch in ihrem neuen Aufgabenbereich, dem Aussenministerium, profitieren. Grosse Ziele hat sie sich gleichzeitig in den Geschäftsbereichen Umwelt und Kultur gesetzt.
Interview: Heribert Beck
Frau Regierungschef-Stellvertreterin, vor einem Monat hat Ihre zweite Legislaturperiode in der Liechtensteiner Regierung begonnen. Was hat sich – neben Ihrem Aufgabenbereich – verändert? Oder ist alles weitestgehend beim Alten geblieben?
Regierungschef-Stellvertreterin Sabine Monauni: Die Regierungsarbeit als solche bleibt unverändert und muss ihrer exekutiven Rolle gerecht werden. So hat die neue Regierung bereits in der ersten Woche verschiedene Gesetzesvorlagen zuhanden des Landtags verabschiedet. Auch haben die ersten Landtagskommissionen getagt, in welchen die Regierung Auskunft über ihre Geschäfte erteilt. Die Veränderung ergibt sich vor allem durch den Personalwechsel im Regierungsteam. Mit vier neuen Regierungsmitgliedern werden selbstverständlich auch neue Ideen und Überzeugungen ins Kollegium hineingetragen. Ich sehe das vor allem als Chance, gewisse Abläufe in der Regierungsarbeit und der Verwaltung zu hinterfragen und zu optimieren. Als einziges Regierungsmitglied, das bereits der alten Regierung angehört hat, werde ich mein Wissen und meine Erfahrung der letzten vier Jahre einbringen können. Jede Regierung hat – abhängig von ihren Persönlichkeiten, aber auch von den Herausforderungen der jeweiligen Zeit – ihre eigene Prägung. Ich bin überzeugt, dass wir uns mit den unterschiedlichen beruflichen Hintergründen und Lebenserfahrungen in der Regierung gut ergänzen. Zudem freue ich mich, dass unser Land zum ersten Mal von einer Regierungschefin geführt wird.
Wie haben Sie die ersten Wochen im Amt der Aussenministerin erlebt und welche Aufgaben kommen diesbezüglich kurz- und mittelfristig auf Sie zu?
Für mich war es ein Stück weit wie heimkommen. Als ehemalige Diplomatin habe ich mich sehr gefreut, wieder enger mit meinen damaligen Botschafterkolleginnen und -kollegen zusammenzuarbeiten. Die Einarbeitung war für mich in diesem Geschäftsbereich relativ einfach, da ich viele Jahre im internationalen Bereich tätig war. Dennoch hat sich die Aussenpolitik gerade in den letzten vier Jahren dramatisch verändert. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa erheblich verschlechtert und die regelbasierte Weltordnung, welche für Liechtenstein als Kleinstaat von besonderer Bedeutung ist, infrage gestellt. Hinzu kommt die neue Handels- und Zollpolitik der USA, die sich – je nach Ausgestaltung – nicht nur negativ auf die liechtensteinische Exportindustrie auswirken würde, sondern auch erhebliche Konsequenzen für die Weltwirtschaft hätte. Es wurde eine Task Force eingerichtet, die zusammen mit den Wirtschaftsverbänden die Folgen dieser Handelsbeschränkungen sowie Handlungsoptionen für Liechtenstein eruiert. Als Teil der Zollunion Schweiz-Liechtenstein werden wir uns eng mit dem Schweizer Bundesrat abstimmen. Mit Blick auf die angespannte Sicherheitslage werden wir unsere internationalen Partnerschaften noch stärker pflegen und uns als souveräner Staat positionieren müssen. Als innovatives, wirtschaftlich erfolgreiches und in Europa gut integriertes Land haben wir dabei durchaus auch Vorteile.
Und im Geschäftsbereich Kultur?
Ich freue mich, dass der Geschäftsbereich Kultur wieder mit dem Ministerium für Äusseres zusammengeführt werden konnte. Damit können Synergien in der Kulturaussenpolitik noch besser genutzt werden. Unsere Kulturschaffenden wirken weit über die Landesgrenzen hinaus und leisten damit einen wichtigen Beitrag für das positive Ansehen des Landes sowie die Stärkung der internationalen Beziehungen. An erster Stelle steht für mich die Förderung einer vielfältigen Kulturszene im Land. Dazu gehören die Unterstützung von Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen genauso wie der Erhalt und die Pflege von Brauchtum und Kulturgütern. Im Rahmen der Kulturstrategie soll aufgezeigt werden, wie optimale Rahmenbedingungen und Strukturen in der Kulturlandschaft geschaffen werden können. In diesem Zusammenhang findet am 19. Mai 2025 das «Kulturforum» im SAL in Schaan statt. Es sind alle Kulturakteure sowie Kulturinteressierten eingeladen, ihre Ideen und Vorstellungen für den Kulturstandort Liechtenstein einzubringen.
Im Geschäftsbereich Umwelt können Sie an Ihre eigenen Vorarbeiten anknüpfen.
Welche Projekte möchten Sie diesbezüglich in den kommenden vier Jahren gerne zu Ende oder zumindest vorwärtsbringen?
Ich bin froh, dass ich im Bereich Umwelt zur Kontinuität beitragen kann. Aufgrund der angespannten internationalen Sicherheitslage sind Umwelt- und Klimathemen auf der politischen Agenda leider in den Hintergrund gerückt. Fakt ist jedoch, dass die Umweltzerstörung voranschreitet und ebenfalls ein grosses Sicherheitsrisiko darstellt. Die Menschen in Liechtenstein sind grosse Naturfreunde und wissen um die Bedeutung und Notwendigkeit einer intakten Umwelt. Doch auch hierzulande stellen der Klimawandel und das Artensterben eine Herausforderung für das Ökosystem dar. Es ist daher wichtig, dass wir die im Aktionsplan Biodiversität 2030+ festgelegten Ziele weiterverfolgen. Insbesondere Projekte wie die Revitalisierung des Rheins oder die Ausscheidung neuer Wildnis- und Schutzgebiete sollen vorangetrieben werden. Wir wollen der Natur wieder Raum zurückgeben. Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass die Existenzfähigkeit unserer Landwirtschaft gesichert bleibt und entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Lebens- und Nahrungsmittel ressourcenschonend produziert werden können. Da die Landwirtschaft ausserdem in besonderem Masse vom Klimawandel betroffen ist, soll dieser Herausforderung mit dem Pilotprojekt «Klimawirksame Landwirtschaft» gezielt begegnet werden. Es freut mich sehr, dass sich mehrere Betriebe an diesem Projekt beteiligen. Ebenso freue ich mich, dass wir im Juni die Umweltminister aus der Schweiz, Österreich, Deutschland und Luxemburg in Liechtenstein empfangen dürfen, um uns über die aktuellen Themen in der Umweltpolitik auszutauschen.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit in der Regierung in den ersten Wochen erlebt und was wünschen Sie sich diesbezüglich für die Zukunft?
Ich habe die Zusammenarbeit in den ersten Wochen als sehr kollegial und wertschätzend wahrgenommen. Wir sind uns alle bewusst, dass eine Regierung in diesen herausfordernden Zeiten eine grosse Verantwortung für die Stabilität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt trägt. Ich wünsche mir, dass wir als geeintes und über der Parteipolitik stehendes Gremium agieren können und auch den Mut haben, die notwendigen Veränderungen anzustossen, um die hohe Lebensqualität und den Wohlstand auch für kommende Generationen zu erhalten.