Leserbrief von Jo Schädler, Bendern
Besieht man sich den neuen Jugendtreff in Bendern, auferstanden aus den Ruinen der alten Post, bleiben genau zwei Möglichkeiten. Die erste; man stellt sich in eine dunkle Ecke und weint ein paar Tage bitterlich, den lieben Gott um Hilfe flehend vor sich hin. Die zweite; man rennt „grindsvoran“ so lange gegen eine meterdicke Betonwand, bis diese zerbröselt. Die Architektur von diesem Gewerke, lege man dem Zeitgeist dienend, einfach in die Schublade; der Architekt musste zeigen, dass er der ganz grosse Könner ist und der Auftraggeber hat unser Geld schon für noch Dümmeres „verklepft“.
Aber die trügerische Wahrheit um diese bittere Baute soll nicht unbeleuchtet bleiben. Man muss das Gebäude nicht einmal betreten, kommt einem Walter Ulbricht in den Sinn, der da sagte: „Wenn ich durch die Strassen gehe und etwas neues Schönes sehe, weis ich stolz darauf, das hat mein Freund getan, mein Freund der Plan.“. Hätte man die alte Post belassen, könnten sich darin jugendfreundliche Einrichtungen einfinden. Tischtennistische, Billardtische, Flipper, Dart, Tschüttelikästen, Schachbrett, Nünimol usw. Aber bei solchen Dingen scheitert die Überwachung wegen der Raumgrösse.
Von der böswillig schön gestalteten Umgebung, lasse man sich nicht täuschen. Der Bau musste möglichst klein und mit grossen Glasscheiben durchsichtig gehalten werden, damit Big Brother durchdringend arbeiten kann. Die dort gesparte Kubatur, lassen wir in psychologische Betreuung und Suizidpräventation fliessen. Man muss nicht mit früher kommen, wo auf dem Schulhof Raufereien praktisch Pflicht waren und wenn es Tatzen oder Hosenspanner gab, man zu Hause auch noch ein paar Ohrfeigen bekommen hat. Gut, früher gab es keine Drogen, ausser Zigaretten und es gab es keine Handys, mit welchen man mit Gewaltfilmen und Pornos dem Druck entfliehen konnte. Trotzdem sind daraus Generationen erwachsen, welche ohne Schulpsychologen und Überwachung bis unter die Schuhsohlen, sich im Leben sehr gut zurechtgefunden haben.