Frage von Abgeordneter Vogt Achim:
Opt-out oder Widerspruchslösung

In der heutigen Welt häufen sich Regelungen nach dem sogenannten Opt-out- oder Widerspruchsprinzip. Das heisst, der Staat oder Institutionen treffen eine Entscheidung für mich und nur wenn ich rechtzeitig und formgerecht widerspreche, bleibt mir meine persönliche Entscheidungshoheit erhalten. Dieses Prinzip ist nicht nur gefährlich, es ist mit den Grundwerten unserer freiheitlichen Rechtsordnung nicht vereinbar. Es untergräbt unsere Selbstbestimmung.
Ob es um die Verarbeitung persönlicher Gesundheitsdaten oder um die Zustimmung zur Organspende geht, immer öfter sehen sich Bürger mit Fakten konfrontiert, die ohne ihre aktive Zustimmung geschaffen wurden. In sensiblen Bereichen ist das nicht nur eine Zumutung, sondern ein direkter Verstoss gegen das Prinzip der freien und informierten Einwilligung, wie es in internationalen Menschenrechtsabkommen fest verankert ist.
Im Persönlichkeitsrecht hat das Opt-out-Prinzip nichts verloren. Wir brauchen ein Gesetz, das vorschreibt: Nur wer aktiv und informiert zustimmt, darf von solchen Regelungen betroffen sein. Alles andere verstösst gegen das Recht auf Selbstbestimmung und verletzt grundlegende Menschenrechte.
Dazu meine zwei Fragen:
Wie viele bestehende oder geplante gesetzliche Regelungen beruhen aktuell auf dem Opt-out-Prinzip?
Abgesehen von den bekannten und schon genannten Themen (Gesundheitsdossier, Datenschutz) ist es durchaus schwierig herauszufinden, wo es in der FL Rechtsordnung sonst noch solche «Opt-out- bzw. Opt-in-Lösungen» gibt, weil in den Gesetzen sehr unterschiedliche Formulierungen verwendet werden. Darum bezieht sich die Regierung auf die datenschutzrechtlichen Themen. Im Bereich der Verarbeitung personenbezogener Daten basiert vor allem das elektronische Gesundheitsdossier auf dem Opt-out-Prinzip. Gesetzlich geregelt ist dies im Gesetz vom 7. Mai 2021 über das elektronische Gesundheitsdossier (EGDG). Auf der Datenbank der Berichte und Anträge: www.bua.llv.li und der Gesetzes-Datenbank unter www.gesetze.li können ggf. mit entsprechenden Suchbegriffen noch weitere Gesetze gefunden werden. So gibt es beispielsweise eine Opt-in-Lösung» nach Art. 11c Abs. 4 der Preisbekanntgabeverordnung oder bei der Zustimmung nach Art. 47 Abs. 1 und 2 des Gesundheitsgesetzes. Opt-in/Opt-out Lösungen gibt es aber auch im Bereich des Staatsvertragsrechts, wobei hier eher Staaten und weniger Individuen betroffen sind.
Inwiefern wurde dabei geprüft, wie diese Regelungen mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Prinzip der freien Einwilligung vereinbar sind?
Aus Sicht des Datenschutzrechtes und somit auch des Grundrechts auf Privatsphäre (ein eigenes Grundrecht auf Datenschutz ist in Liechtenstein im Gegensatz zur EU nicht gegeben) ist eine Opt-out-Lösung zulässig, soweit die übrigen Grundsätze des Datenschutzes eingehalten werden. Im Bereich des eGD wurde die Einhaltung dieser Grundsätze von der Datenschutzstelle im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens 2023 bestätigt. Von grosser Bedeutung ist vor allem die transparente Information der Bürgerinnen und Bürger über die Datenverarbeitung und auch die Widerspruchsmöglichkeit. Mit der informationellen Selbstbestimmung und der freiwilligen Einwilligung ist die Opt-out-Lösung vereinbar, weil das Datenschutzrecht beide Optionen als zulässig erachtet und es vor allem auch dem Gesetzgeber freistellt, sich hier für eine der Optionen zu entscheiden. Die Opt-out Lösung in Bezug auf das eGD ist sowohl als Gesetzesvorlage von der Legislative als auch 2024 in einer Volksinitiative bestätigt worden. Nur wenige Grundrechte gelten als unantastbar und alle anderen dürfen unter bestimmten Voraussetzungen, vor allem unter Einhaltung der Verhältnismässigkeit und Notwendigkeit eingeschränkt werden. In Bezug auf das Grundrecht auf Datenschutz/Privatsphäre wurde dies sogar auf europarechtlicher Ebene mit der Datenschutz-Grundverordnung explizit in Bezug auf das Opt-out zugelassen.
Frage von Abgeordneter Kaiser Johannes zum Thema:
Datenschutz

Da war kürzlich zu lesen: Auch das Amt für Tiefbau und Geoinformation steht unter Beobachtung. Es nutzte GPS-Tracker in Werkfahrzeugen. Eine Beschwerde führte zu einer Prüfung, das Amt selbst bat ebenfalls um Rat. GPS-Tracking greift tief in die Privatsphäre der Mitarbeitenden ein. Für Tracking gibt es viele Synonyme, allgemein wird darunter verfolgen, nachverfolgen, aufspüren, aufstöbern, beobachten, kontrollieren, ins Auge schauen, ins Auge fassen verstanden.
Dies kaum vom Tracken gelesen, werde ich von direkt Betroffenen mit dem weiteren Datenschutzfragezeichen konfrontiert. Ich halte den Datenschutz ein und bringe dieses Thema anonymisiert auf den Tisch: Vater und Sohn haben beim Amt für Justiz einen Kaufvertrag betreffend ein Grundstück in einer Wohnzone unterzeichnet. Das Antragsformular zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wurde vom Vater und Sohn dem unterzeichneten Kaufvertrag im Amt für Justiz beigelegt beziehungsweise mit dem Vertrag eingereicht. Mit dem Datum xy, nehmen wir aus Termin-Datenschutzgründen das fiktive Datum 2. Mai 2025, wurde der Sohn beim Amt für Justiz im Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen.
Und jetzt kommt es: Acht Tage später, also am 10. Mai 2025, trifft beim Sohn von einer Immobilienfirma ein Schreiben mit dem Angebot eines steueroptimierten Tauschgeschäftes für das Grundstück, in dessen Besitze der Sohn als Eigentümer kaum eine Woche ist, ein.
Meine fünf Fragen dazu an die Regierung:
Bei Protokollen, Vertragsunterzeichnungen, privaten Tauschgeschäften und so weiter werden zum Schutz der Privatsphäre, der Vorgabe des Amtsgeheimnisses und aus Datenschutzgründen keine Infos öffentlich publiziert. Und da kriegt der Sohn, die Tinte der Unterzeichnung ist nicht mal trocken, ein kommerzielles Tauschgeschäftsangebot der härteren Sorte. Wie steht die Regierung dazu?
Soweit die Regierung den Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Angaben beurteilen kann, handelt es sich um reinen Zufall, dass der Sohn das Tauschangebot kurze Zeit nach dem Erwerb des Grundstückes erhalten hat.
Festzuhalten ist allerdings, dass bei der Zusendung des Tauschangebots der Datenschutz beachtet und vor allem konkret darüber informiert werden muss, wie das Unternehmen an die Daten gelangt ist und wie man einer solchen Nutzung widersprechen kann.
Wie geht das? Wie kann dies passieren?
Das Grundbuch ist gemäss Art. 551 SR öffentlich. Jede Person ist, ohne ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen zu müssen, berechtigt, folgende Auskünfte aus dem Grundbuch zu erhalten:
- die Bezeichnung und die Beschreibung des Grundstücks;
- den Namen und die Identifikation des Eigentümers;
- die Eigentumsform und das Erwerbsdatum;
- die Dienstbarkeiten und Grundlasten sowie die Anmerkungen.
Eine Auskunft oder ein Auszug darf nur hinsichtlich eines bestimmten Grundstückes erteilt bzw. abgegeben werden; eine personenbezogene Abfrage ist gemäss Art. 551 Abs. 4a SR und Art. 19 Abs. 2 GBV nicht gestattet.
Jeder – wie auch konkret die angesprochene Immobilienfirma – kann daher jederzeit beim Amt für Justiz die genannten Angaben hinsichtlich eines oder mehrerer bestimmter Grundstücke anfragen. Das Amt für Justiz muss diese Angaben erteilen, begrenzt jedoch in der Praxis die Einsichtnahme nach Art. 551 SR auf maximal 10 Grundstücke pro Tag.
Wo liegen die Lecks der Implementierung des Datenschutzgesetzes?
Ein «Leck» im Datenschutz ist im Hinblick auf die Datenerhebung aus dem Grundbuch nicht ersichtlich. Es liegt – wie zu Frage 2 ausgeführt – eine gesetzliche Grundlage für die Herausgabe der Daten vor.
Wie zu Frage 1 ausgeführt, sind aber vom Unternehmen beim Versand solcher Schreiben weitere datenschutzrechtliche Voraussetzungen einzuhalten. Sollte es hier zu einem «Leck» bzw. einer Verletzung kommen, kann dies von der Datenschutzstelle im Rahmen einer Beschwerde überprüft werden.
Was gedenkt die Regierung beim obig aufgeführten Fall, die es in dieser Form in der Mehrzahl mit Sicherheit in systematischer Form gibt, zu tun?
Es ist bekannt, dass die angesprochene Immobilienfirma solche Anfragen zu bestimmten Grundstücken stellt. Aufgrund der Öffentlichkeit des Grundbuchs hat das Amt für Justiz die Anfragen jedoch – wie zu Frage 2 beschrieben – zu beantworten. Alle weiteren Überprüfungen betreffend das weitere konkrete Vorgehen des Unternehmens liegen in der Zuständigkeit der Datenschutzstelle.
Wie steht die Regierung zum GPS-Tracking, welches zutiefst in die Privatsphäre der Menschen eingreift und mit Datenschutz wohl nichts im Entferntesten mehr zu tun hat?
Bei der Frage der Nutzung von GPS-Trackern ist aus Sicht der Regierung eine differenzierte Betrachtung notwendig. Wenn das GPS-Trackings der reinen Überwachung von unbescholtenen Personen gilt, ist das GPS-Tracking als ungeeignete und datenschutzrechtlich kritische Massnahme abzulehnen. Es gibt aber auch gesetzlich geregelte Fälle im Strafvollzug, wo mittels Fussfessel, z.B. im Rahmen eines Hausarrests, der Aufenthaltsort von Personen überwacht wird. Für das GPS-Tracking gibt es aus Sicht der Regierung auch verhältnismässige bzw. datenschutzrechtlich vertretbare Anwendungen. Beispielsweise werden GPS-Tracker für Disposition von Einsatzfahrzeugen von Blaulichtorganisationen oder für den Schutz vor Diebstahl eingesetzt. Die Regierung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in den Dienstfahrzeugen der Landesverwaltung keine GPS-Tracker zum Einsatz kommen. Das in der Anfrage erwähnten Amt für Tiefbau und Geoinformation hat auf Anregung der Datenschutzstelle die in den Dienstfahrzeugen des Werkbetriebs eingebauten Tracker deaktiviert.
Frage von Abgeordneter Kaiser Johannes zum Thema:
Finanziell gleich hohe Mindest- und Maximalrentenleistungen in Liechtenstein wie in der Schweiz ab 1. Januar 2026

Mit der Annahme der Initiative der Auflösung des Rentenstillstands seit dem Jahre 2011 und der Rückkehr zum schweizerischen Mischindex im November-Landtag 2022 gab es für die Rentnerinnen und Rentner in Liechtenstein ab dem 1. Januar 2023 erstmals nach zwölf Jahren wieder eine Rentenerhöhung.
Durch die Rückkehr zum Mischindex, bei welcher die Entwicklung des Konsumentenpreises wie auch die Lohnentwicklung berücksichtigt wird, gibt es alle zwei Jahre eine Rentenanpassung und so erfolgte ab dem 1. Januar 2025 die nächste Rentenanpassung:
- Die Mindestrente erhöhte sich seit dem 1. Januar 2023 bis heute in Liechtenstein um CHF 65 pro Monat; das ist im Jahr ein Mehr an Rente von CHF 845.
- Die Maximalrente seit dem 1. Januar 2023 bis heute um CHF 130 pro Monat; das ist im Jahr ein Mehr an Rente von CHF 1’690.
Am 3. März 2024 haben die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter», Initiative für eine 13. AHV-Rente, abgestimmt, welche ab dem 1. Januar 2026 eingeführt wird.
So werden in der Schweiz die Rentnerinnen und Rentner ab dem 1. Januar 2026 eine höhere Rentenleistung erhalten als die Rentnerinnen und Rentner in Liechtenstein:
- Bei der Mindestrente eine Jahresrente von gesamthaft CHF 16’380; also monatlich CHF 35 mehr als in Liechtenstein und dies 13 Mal.
- Bei der Maximalrente eine Jahresrente von gesamthaft CHF 32’760; also monatlich CHF 70 mehr als die Rentnerinnen und Rentner in Liechtenstein und dies ebenfalls 13 Mal.
Meine fünf Fragen dazu an die Regierung:
- Wird die Regierung per 1. Januar 2026 die Rentenleistungen bei der Mindestrente sowie der Maximalrente der liechtensteinischen Rentnerinnen und Rentner jener der Schweizer Rentenhöhe gleichstellen?
siehe unter Frage 5
- Mit anderen Worten, wird die Regierung die Mindestrente auf den 1. Januar 2026 monatlich um CHF 35 sowie die Maximalrente monatlich um CHF 70 anheben?
siehe unter Frage 5
- Oder braucht es dazu wie bei der Auflösung des zwölfjährigen Rentenstillstands und der Rückkehr zum Schweizer Mischindex eine Initiative aus den Reihen des Landtags?
Die Regierung wird den bereits im Dezember 2024 angekündigten und im Rahmen des Traktandums 18 (Geschäftsbericht und Jahresrechnung 2024 der Liechtensteinischen AHV-IV-FAK-Anstalten) bekräftigten, ganz normalen Gesetzgebungsprozess einhalten. Darin werden alle Stakeholder in einer Vernehmlassung begrüsst und können sich dazu zu Wort melden und aus ihrer Sicht wichtige Änderungswünsche anbringen.
Es ist aber auch immer möglich, die Instrumente der Geschäftsordnung des Landtags zu nutzen. Konkret wären das eine Gesetzesinitiative oder auch eine Motion. Bei einem solchen Instrument, Gesetzesinitiative oder Motion, stellt sich allerdings dieselbe Problematik, der sich auch die Regierung ausgesetzt sieht: Wer die AHV-Renten über das Mass der Teuerung hinaus erhöhen will, muss darlegen können, dass auch bei dieser Rentenerhöhung die Reserven der AHV prognostisch über die nächsten 20 Jahre nicht unter
5 Jahresausgaben in Reserve sinken. Um dies zu erreichen, braucht es bekanntlich eine Gegenfinanzierung, wie das im Zuge der Debatte im Dezemberlandtag 2024 immer wieder von der Regierung sowie verschiedenen Abgeordneten festgehalten wurde.
Die Regelung eines Interventionsmechanismus mit einer vorausschauenden Betrachtung über 20 Jahre hat übrigens der Landtag am 12. Mai 2016 beschlossen (Art. 25bis AHVG).
- Wann wird die Regierung diese Entscheidung der finanziellen Gleichstellung der liechtensteinischen Rentnerinnen und Rentner mit jener der Schweiz ab dem 1. Januar 2026 treffen oder auch nicht treffen?
siehe unter Frage 5
- Sollte die Regierung dem Landtag diese finanzielle Gleichstellung der Liechtensteiner und Schweizer Rentnerinnen und Rentner im Zusammenhang mit dem versicherungstechnischen Gutachten der AHV, welches von der Regierung für den Herbst 2025 angekündigt ist, zur Entscheidung vorlegen, besteht die Frage, ob die zeitliche Implementierung durch die AHV per 1. Januar 2026 gesichert ist?
Antworten zu den Fragen 1, 2, 4 und 5:
Zur verständlichen Beantwortung dieser Fragen ist der Kontext wichtig. Der Abgeordnete fragt, ob die AHV-Renten per 1. Januar 2026 erhöht werden, und zwar um 35 Franken pro Monat bezogen auf den Eckwert der so genannten Mindestrente bzw. um 70 Franken pro Monat für die Höchstrente. Die Regierung hat die Kompetenz, die Renten an die Teuerung anzupassen. Sie hat dies letztmals per 1. Januar 2025 getan, also vor rund 6 Monaten. Auf 1. Januar 2026 wird eine weitere teuerungsbedingte Anpassung nicht möglich sein. Der Landtag gibt der Regierung in Art. 77 AHVG eine vom Abgeordneten Johannes Kaiser selbst angestossene Regelung vor. Sie kann die Renten grundsätzlich nur alle 2 Jahre an die Teuerung anpassen. Sie könnte die Teuerungsanpassung dann vor Ablauf dieser 2 Jahre vornehmen, wenn der Landesindex der Konsumentenpreise innerhalb eines Jahres um mehr als 4 % angestiegen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall und somit hat die Regierung keine Möglichkeit, die Renten auf 1. Januar 2026 an die Teuerung anzupassen. Die vom Abgeordneten Johannes Kaiser aufgeworfene Anhebung der Mindestrente um 35 Franken pro Monat wäre somit keine teuerungsbedingte Anpassung, sondern eine Gleichstellung mit der Schweiz. Eine solche Massnahme ist nicht vorgesehen und liegt auch nicht in der Kompetenz der Regierung. Das liegt ausschliesslich in der Hoheit des Gesetzgebers, vornehmlich also in der Hoheit des Landtags.
Die Regierung sieht jedoch vor, die Anregung einer solchen ausserordentlichen Teuerungsanpassung im Rahmen der Gesetzesanpassung zur langfristigen finanziellen Sicherung der AHV ganz konkret zu behandeln. Das Thema der langfristigen finanziellen Sicherheit wurde im Dezember 2024 im Landtag auf Basis des jüngsten versicherungstechnischen Gutachtens behandelt. Nun hat die Regierung den ganz normalen Gesetzgebungsprozess gestartet. Sie hat das Gutachten bereits aktualisieren und mit verschiedenen Varianten neu berechnen lassen. Sie wird nun ehestmöglich mit konkreten Vorschlägen in die Vernehmlassung gehen.
Nach Abschluss der Vernehmlassung plant die Regierung, dem Landtag noch vor Jahresende, also bis im Dezember 2025, konkrete Gesetzesvorschläge zu unterbreiten. Ein Inkrafttreten auf 1. Januar 2026 ist jedoch nicht vorgesehen und ist auch aus durchführungstechnischer Sicht unrealistisch.
Frage von Abgeordnete Haldner-Schierscher Manuela zum Thema: Teilmengenabgabe bei Medikamenten

Die Teilmengenabgabe von Medikamenten entspricht heilmittelrechtlich einer Unterkonfektionierung. Dies ist nur mit Herstellerbewilligung erlaubt, welche wiederum nur Apotheken erteilt werden kann. Das ist der rechtliche Grund, warum eine Teilmengenabgabe aktuell den Apotheken vorbehalten ist. Die Sonderregelung zur Teilmengenabgabe ermöglicht seit 2023 in begründeten Fällen Teilmengenabgaben auch für Nicht-Apotheken.
Meine drei Fragen:
Ist seitens der Regierung geplant, eine gesetzliche Anpassung zur dauerhaften und kontrollierten Zulassung von Teilmengenabgaben auch durch Nicht-Apothekenbetriebe zu prüfen?
Die im Jahr 2023 zur Überwindung von schwerwiegenden Lieferengpässen von gewissen Arzneimitteln eingeführte Teilmengenabgabe durch Apotheken und Arztpraxen, gilt lediglich für Arzneimittel, bei denen der Mangel sehr gross ist. Konkret geht es um Arzneimittel, bei denen aufgrund der aktuellen Versorgungsstörungen nicht mehr sichergestellt werden kann, dass alle Packungsgrössen lieferbar sind. Diese Massnahme stellt eine befristete Empfehlung dar und soll mit einer Stabilisierung der Versorgungssituation für die betroffenen Wirkstoffe wieder aufgehoben werden. In der Regel stehen vom Lieferanten geeignete Packungsgrössen zur Verfügung, weshalb eine gesetzliche Anpassung nicht geplant ist.
Sieht die Regierung gesundheitspolitische und ökonomische Vorteile, wie zum Beispiel Kostenreduktion, Vermeidung von Überversorgung, Reduktion von Abfällen, die mit einer systematischen Teilmengenabgabe verbunden wären?
Den in der Frage genannten Vorteilen stehen eine Reihe von Risiken und Nachteilen gegenüber, weswegen Arzneimittel grundsätzlich immer in der Originalpackung abzugeben und Teilmengenabgaben nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen erlaubt sind. Es ist wichtig, dass in jedem Fall die vollständige Rückverfolgbarkeit sichergestellt ist, z.B. für den Fall von Rückrufen. Alle Information auf und in der Originalpackung müssen mitgegeben werden, so beispielsweise Patientinnen- bzw. Patienteninformationen. Die Verpackung hat so zu erfolgen, dass die gemäss Zulassung vorgegebenen Lagerbedingungen, beispielsweise der erforderliche Lichtschutz, jederzeit gewährleistet sind. Mit der Abgabe einer Teilmenge erlischt zudem die Haftung der Hersteller für das Arzneimittel ganz oder teilweise. Aus diesen Gründen besteht bei der Teilmengenabgabe eine strenge, detaillierte und zeitaufwendige Dokumentationspflicht.
Welche regulatorischen Anpassungen müssten gemacht werden, um die Teilmengenabgabe für Nicht-Apotheken und ohne Sonderregelungen einzuführen?
Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen werden regulatorische Anpassungen als nicht zielführend erachtet.
Frage von Abgeordnete Haldner-Schierscher Manuela zum Thema: Belastung des Trinkwassers mit TFA (Trifluoressigsäure) und anderen PFAS in Liechtenstein
Wie hoch sind die gemessenen Konzentrationen von TFA und anderen PFAS in den liechtensteinischen Trinkwasserfassungen, besonders in solchen mit Rheinnähe?

Laut einem aktuellen Bericht aus der Schweiz nimmt die Belastung von Seen und Flüssen mit der Ewigkeitschemikalie Trifluoressigsäure, TFA, deutlich zu. TFA stammt unter anderem aus Pestiziden, Kältemitteln und Medikamenten und gehört zur Stoffgruppe der PFAS, die, wie schon in meiner vorhergehenden Kleinen Anfrage gehört, kaum abbaubar und in weiten Teilen gesundheitsgefährdend sind.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke Bodensee-Rhein, der auch liechtensteinische Wasserversorger angehören, schlagen Alarm. Da auch hierzulande ein Teil des Trinkwassers aus dem Rhein und dem Grundwasser stammt, stellt sich die Frage nach Betroffenheit und Handlungsbedarf.
Meine fünf Fragen:
Wie hoch sind die gemessenen Konzentrationen von TFA und anderen PFAS in den liechtensteinischen Trinkwasserfassungen, besonders in solchen mit Rheinnähe?
Im Jahr 2023 wurden in Liechtenstein die ersten Untersuchungen zu PFAS Rückständen im Grund- und Quellwasser durchgeführt, die 2024 mit vergleichbarem Befund wiederholt wurden. Langkettige PFAS-Verbindungen wie Perfluoroktansulfonsäure (PFOS), Perfluorbutansäure (PFBA) oder Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS), die als gesundheitsschädlich gelten, wurden dabei nur in sehr geringen, kaum nachweisbaren Spuren weit unter dem aktuell geltenden Summengrenzwert von 0.1 µg/Liter im Grundwasser von 4 Trinkwasserpumpwerken nachgewiesen. Die kurzkettige PFAS Verbindung, die Trifluoressigsäure (TFA) wurde analog der Schweiz und anderen EU Mitgliedstaaten in allen Wasserproben in Konzentrationen zwischen 0.2-0.58 µg/Liter nachgewiesen. Auch wenn davon auszugehen ist, dass auch diese Substanz dosisabhängig negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben wird, steht die abschliessende gesundheitsbezogene Risikobewertung der EFSA (European Food and Safety Authority) zu dieser Substanz noch aus. In Deutschland gilt für TFA derzeit ein gesundheitsbezogener Grenzwert von 60 µg/Liter, das niederländische Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM 2023) hat einen TFA Richtwert für Trinkwasser von 2,2 µg/l abgeleitet. In Dänemark wurde ein Grenzwert von 9 µg/l für TFA im Trinkwasser festgelegt. Die in Liechtenstein gemessenen Konzentration liegen demzufolge deutlich unter diesen Richtwerten.
Inwiefern ist bekannt, in welchen Regionen der Einsatz von Pestiziden oder anderen potenziellen PFAS-Quellen zur TFA-Belastung beiträgt?
In der Schweiz sind fluorhaltige Pestizide zugelassen, sodass von deren Einsatz grundsätzlich auch in Liechtenstein auszugehen ist. Konkrete Daten zur deren Einsatz liegen uns nicht vor. Zu möglichen anderen Quellen in Liechtenstein, die zur TFA Belastung beitragen, liegen uns ebenso wenig konkrete Daten vor.
Welche konkreten Massnahmen plant oder prüft die Regierung, um die Bevölkerung vor einem Anstieg solcher langlebigen Schadstoffe im Trinkwasser zu schützen?
Die aktuellen Trinkwasser-Untersuchungen geben keinen Anlass zur Sorge. Langkettige PFAS Verbindungen konnten nur in Spuren weit unter dem gültigen Grenzwert festgestellt werden. Die gemessenen Konzentrationen von Trifluoressigsäure (TFA) liegen ebenfalls weit unter den Richtwerten anderen EU Länder. Da TFA aus zahlreichen Quellen stammt, sich in der Umwelt sehr mobil und äusserst persistent zeigt und auch im Regenwasser zu finden ist, kann eine nachhaltige Reduktion dieses Schadstoffes nur durch eine strenge Reglementierung der Verwendung bzw. Inverkehrbringen potentieller Ausgangstoffe erreicht werden. Die Problemlösung muss im Konsens aller europäischen Länder erfolgen. Eine solitäre Regelung in Liechtenstein ist nicht zielführend.
Gibt es Pläne, in Absprache mit der Schweiz oder der EU, vorsorgliche Grenzwerte für TFA im Trinkwasser einzuführen?
Untersuchungen bezüglich der humantoxikologischen Bewertung von TFA sind in der EU bereits im Gange. Das Bundesinstitut für Risikobewertung in Deutschland (BfR) stuft TFA aktuell als fortpflanzungsgefährdend ein. Diese reine Gefahreneinstufung sagt zunächst nichts über das tatsächliche Gesundheitsrisiken aus, denn hierfür ist auch die aufgenommene Menge des Stoffes entscheidend. Sollte ein gesundheitsbezogener Grenzwert von Seiten der Schweiz oder der Europäischen Union für Trinkwasser eingeführt werden, wird auch Liechtenstein diesen Werten übernehmen.
Wie beurteilt die Regierung die Forderung nach einem Verbot nicht zwingend notwendiger PFAS-Anwendungen, besonders in Bezug auf Pestizide im landwirtschaftlichen Bereich?
Viele PFAS Verbindungen wurden für den kommerziellen Einsatz bereits verboten. Die Regierung verschliesst sich nicht einer weiteren Verschärfung des Verbotes, sofern es im Konsens mit den Nachbarländern (CH, EU) erfolgt und essentielle Anwendungsbereiche, für die es keine Alternativen gibt, unter sichernden Rahmenbedingungen weiter möglich bleiben. Im Bereich der Landwirtschaft sind Überlegungen zum Verbot rückstandskritischer, fluorhaltiger Pestizide im Sinne des präventiven Bodenschutzes durchaus gerechtfertigt, auch wenn ein Alleingang Liechtensteins aufgrund der vertraglichen Beziehungen zu unseren Handelspartnern nicht möglich ist.
Frage von Stv. Abgeordneter Risch Marc zum Thema:
Fürsorgerische Unterbringungen

Ich habe eine kleine Anfrage zu Fürsorgerischen Unterbringungen (kurz: FU) und deren Vollzug bei schwer erkrankten Menschen im Fürstentum Liechtenstein bzw. im grenznahen Ausland.
Die Einschränkung von Freiheitsrechten hat wohlabgewogen und stets nach den gesetzlichen Vorgaben zu erfolgen. Im Zusammenhang mit Akutmassnahmen bei krankheitsbedingter akuter Selbst- und/oder Fremdgefährdung ist in jederlei Hinsicht besonders massvoll und wohlabgewogen vorzugehen.
Nachdem der Landesnotfalldienst per 02/2022 vom Liechtensteinischen Landesspital übernommen worden ist, werden viele Notfälle im Spannungsfeld von PSYCHE und SOMA, z.B. unklare Verwirrtheitszustände, Kriseninterventionen nach z.B. Selbstschädigung, über die FachkollegInnen des Notfalls des LLS «abgewickelt». Bei Vorliegen gewisser medizinischer und juristischer Voraussetzungen muss ein «FU» ausgesprochen werden.
Zudem ist in Fachkreisen und gerade auch bei Blaulichtorganisationen «rechts- und linksrheinisch» bekannt, dass es im Vollzug von «FU’s» von LiechtensteinerInnen bei Selbst- und Fremdgefährdung beim Grenzübertritt und nachgelagert auch für GerichtspraktikantInnen im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs im Ausland zu «gewissen Herausforderungen» kommt.
Meine vier Fragen:
War die Thematik des Vollzugs von FU Gegenstand des Psychiatriekonzeptes?
Die Anzahl an Fürsorgerischen Unterbringungen (FU) bei Gefahr in Verzug wurde im Psychiatriekonzept als Indikator für die Häufigkeit psychiatrischer Notfälle in Liechtenstein herangezogen. Handlungsfelder und mögliche Lösungsansätze für psychiatrische Notfälle sind im Konzept aufgezeigt. Auf der Grundlage des Psychiatriekonzepts hat das Ministerium mit Vertretern der Verbände, Organisationen und staatlichen Stellen mit Berührungspunkten zur psychiatrischen Versorgung einen Workshop veranstaltet. Auf Basis der Ergebnisse des Psychiatriekonzeptes sowie der Ergebnisse aus dem Workshop wird das Ministerium nunmehr die Handlungsoptionen definieren und umsetzen.
Haben sich die Anzahl der FU seit der Übernahme des Notfalldienstes durch das LLS signifikant verändert?
Die Anzahl der FU im Erwachsenenbereich gestalten sich wie folgt:
- 86 FU im Jahr 2024
- 81 FU im Jahr 2023
- 79 FU im Jahr 2022; Dabei erfolgten 49 FU durch das Landesspital und 30 FU durch die niedergelassene (Fach-)Ärzteschaft.
- 51 FU im Jahr 2021
- 45 FU im Jahr 2020
Im Bereich der minderjährigen Personen gestalten sich die Anzahl der FU wie folgt:
- 10 Jugendliche im Jahr 2024
- 9 Jugendliche im Jahr 2023
- 8 Jugendliche im Jahr 2022; Dabei erfolgten 3 FU durch das Landesspital und 5 FU durch die niedergelassene (Fach-)Ärzteschaft.
Die Zahlen im Bereich der minderjährigen Personen haben sich daher nicht signifikant verändert.
Wie viele Amtsstellen/Amtspersonen werden über die Ausfertigung eines FU in Kenntnis gesetzt?
Im Erwachsenenbereich wird bei der Involvierung der Polizei in eine FU von dieser ein elektronischer Bericht zuhanden des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes, des Amtes für Soziale Dienste, der Amtsärztin und des Landgerichtes erstellt. Erfolgt eine FU ohne Einsatz der Polizei, erhalten folgende Empfänger eine Kopie des FU-Formulars: Das Landgericht, die Klinik, in welche der Patient oder die Patientin eingewiesen wird, sowie der Patient bzw. die Patientin selbst.
Im Kinder- und Jugendbereich ist der Kinder- und Jugenddienst (KJD) lediglich involviert, wenn dieser einen Antrag für eine FU stellt. Dies erfolgt in der Regel über die Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderärzte und gegebenenfalls durch das Ärzteteam des Landesspitals in Zusammenarbeit mit dem Landgericht. Nach Meldung der FU an den Kinder- und Jugenddienst kann diesem in der anschliessenden Nachversorgung eine weiterführende Funktion zufallen.
Welche Funktion kommt im Rahmen von FU dem Amtsärztlichen Dienst beim Amt für Gesundheit und welche dem Amtspsychiatrischen Dienst bzw. dem Psychiatrisch-Psychologischen Dienst [kurz: PPD] des Amtes für Soziale Dienste zu?
Der Amtsärztliche Dienst beim Amt für Gesundheit hat keine aktive Rolle im FU-Prozess. Er stellt lediglich das FU-Formular der Ärzteschaft zur Verfügung, welches entsprechend den Vorgaben vom Landgericht aktuell gehalten wird.
Der Psychiatrisch-Psychologische Dienst ist nicht unmittelbar in das akute Notfallmanagement eingebunden, welches den Blaulichtkräften obliegt. Vielmehr kommt ihm im Rahmen von FUs eine nachgelagerte Funktion zu. Obschon die Koordination der Nachsorgekommunikation mit Klinik, Einrichtung, Eltern, Schule und ambulanter Betreuung in der Verantwortung des Kinder- und Jugenddienstes liegt, wird in der Praxis die nachgelagerte Kommunikation und Koordination mit der entsprechenden Einrichtung bzw. Klinik im Rahmen einer allfälligen Nachsorgeplanung oftmals vom Psychiatrisch-Psychologischen Dienst übernommen.
Frage von Stv. Abgeordneter Risch Marc zum Thema:
Impfbereitschaft der Basisimpfungen im Säuglings- und Kindesalter

Die SARS-CoV-2 Pandemie hat die Menschen verunsichert. Das öffentliche Vertrauen in medizinische Massnahmen und staatliche Gesundheitspolitik wurde auf vielfältige Weise beeinflusst. In mehreren Ländern wurde seither ein Rückgang der allgemeinen Impfbereitschaft festgestellt, insbesondere bei Basisimpfungen im Säuglings- und Kindesalter.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich auch für Liechtenstein Veränderungen im Impfverhalten erkennen lassen und ob daraus gegebenenfalls gesundheitspolitischer Handlungsbedarf erwächst, etwa im Hinblick auf den Schutz vor vermeidbaren Infektionskrankheiten wie Masern, Mumps, Windpocken, Keuchhusten, Kinderlähmung, etc. oder gerade auch HPV-Impfungen bei Kindern beziehungsweise jungen Erwachsenen.
Meine fünf Fragen:
Liegen der Regierung aktuelle Daten zur allgemeinen Impfbereitschaft in Liechtenstein vor, insbesondere im Vergleich vor und nach der SARS-CoV-2-Pandemie?
Der Regierung liegen derzeit lediglich Daten aus der alle fünf Jahre durchgeführten Gesundheitsbefragung zur Inanspruchnahme der Grippeimpfung vor. Im Rahmen dieser Erhebung werden Personen ab 15 Jahren befragt, wie lange ihre letzte Grippeimpfung zurückliegt. Dabei ist festzustellen, dass der Anteil jener Personen, die angaben, sich noch nie gegen Grippe impfen lassen zu haben, von 81,7 % im Jahr 2017 auf 68,6 % im Jahr 2022 gesunken ist. Gleichzeitig ist der Anteil derjenigen, die erklärten, sich innerhalb der letzten zwölf Monate gegen Grippe impfen lassen zu haben, von 7,3 % im Jahr 2017 auf 12,2 % im Jahr 2022 gestiegen.
Gibt es statistisch signifikante Veränderungen bei den Durchimpfungsraten im Säuglings- und Kindesalter, zum Beispiel bei Masern, Mumps, Röteln, DTP, HPV, etc. in den letzten fünf Jahren in Liechtenstein?
Aussagen über statistische Veränderungen bei den Durchimpfungsraten im Säuglings- und Kindesalter sind aktuell nicht möglich. In der Vergangenheit wurden Impfdaten im Zusammenhang mit den Kindervorsorgeuntersuchungen erhoben und dem Amt für Gesundheit übermittelt. Aufgrund einer Datenschutzbeschwerde musste diese Erfassungsmethode eingestellt werden. Andere Erhebungsvarianten über die Ärzteschaft haben nicht zu einem hinreichend zuverlässigen und vollständigen Rücklauf geführt. Aktuell wird daher eine vielversprechende Analysemethode auf Basis anonymisierter Abrechnungsdaten geprüft, um verlässliche Informationen zu Durchimpfungsraten in Liechtenstein zu erhalten.
Wie sind diese Zahlen im internationalen Vergleich einzuordnen?
Siehe dazu die Antwort auf Frage 2. Mangels verfügbarer Daten ist ein solcher Vergleich aktuell nicht möglich. An der Verbesserung der Datenlage wird gearbeitet.
Welche gesundheitlichen und epidemiologischen Risiken sieht die Regierung im Zusammenhang mit einem möglichen Rückgang der Impfquoten in Liechtenstein?
Eine geringe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung geht mit einem erhöhten Risiko für Ausbrüche übertragbarer Krankheiten einher. Eine hohe Durchimpfungsrate, diese ist definiert als eine Impfquote von mindestens 95 %, trägt massgeblich zum Schutz der Gesamtbevölkerung bei und schützt insbesondere vulnerable Personengruppen, die im Falle einer Infektion oder Erkrankung einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind. Bei bestimmten Infektionskrankheiten, wie etwa Masern oder Poliomyelitis, kann durch eine entsprechend hohe Immunisierungsrate das Ziel der weltweiten Eliminierung oder gar Ausrottung erreicht werden. In einem solchen Fall kann langfristig auch auf Schutzimpfungen verzichtet werden. Ein historisches Beispiel für einen solchen Erfolg stellt die Ausrottung der Pocken in den 1970er Jahren dar.
Sieht die Regierung Handlungsbedarf, um die Impfbereitschaft bezogen auf die etablierten Basisimpfungen im Säuglings- und Kindesalter in der Bevölkerung zu stärken, und wenn ja, welche konkreten Massnahmen sind in Planung oder bereits in Umsetzung?
Aufgrund der fehlenden Daten kann die Frage nicht beantwortet werden. Wie bereits ausgeführt, wird derzeit an einer datenschutzkonformen Erfassungsmethode von Impfraten gearbeitet. Die Regierung wird das weitere Vorgehen folglich erst nach Verfügbarkeit der Durchimpfungsraten und abhängig vom Ergebnis entscheiden. Wenn notwendig, können dann beispielsweise zielgerichtete Massnahmen bei spezifischen Bevölkerungs- und Berufsgruppen geplant und umgesetzt werden.
Frage von Abgeordneter Seger Martin zum Thema:
Coronaaufbearbeitung

Mehrere Länder befassen sich mit der Aufarbeitung der Coronapandemie, darunter Deutschland, Österreich, Grossbritannien und Schweden. Ziel ist es, staatliches Handeln während der Pandemie kritisch zu analysieren. In Deutschland hat der Bundestag Anhörungen durchgeführt. In Grossbritannien läuft eine umfassende öffentliche Untersuchung, die Regierungsentscheidungen, Schutzmassnahmen und ihre Auswirkungen bewertet. Schweden untersucht seine Sonderwege, etwa den Verzicht auf harte Lockdowns.
Die Aufarbeitung ist notwendig, um Transparenz herzustellen, aus Fehlern zu lernen und künftige Krisen besser zu bewältigen. Sie hilft, Vertrauen in demokratische Institutionen zu stärken, wissenschaftliche Empfehlungen kritisch zu prüfen und gesellschaftliche Spaltungen aufzuarbeiten. Auch die Folgen für Kinder, Bildung, Pflegeheime und wirtschaftlich Benachteiligte müssen untersucht werden, um soziale Gerechtigkeit sicherzustellen.
Meine zwei Fragen:
Der Gesundheitsminister Schädler ist gemäss seinen Aussagen im Mai-Landtag löblicherweise offen für eine Coronaaufarbeitung, insbesondere was den gesundheitlichen Part angeht. Ab wann startet die Regierung mit einer solchen Aufarbeitung und bis wann kann mit Ergebnissen gerechnet werden?
Mehrere Covid-19 Aufarbeitungen haben bereits in den letzten Jahren stattgefunden. So wurden in 2023 sieben Evaluationen des Liechtenstein-Instituts zur Covid-19-Pandemie erstellt und umfassen eine Gesamtbilanz in Liechtenstein. Da medizinische Aspekte sowie die Wirksamkeit von Massnahmen darin nicht eingebunden waren, wurde zusätzlich eine Evaluation durch das Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich im Juli 2024 durchgeführt. Diese untersuchte die medizinischen und wissenschaftlichen Aspekte der Massnahmen während der Covid-19-Pandemie in Liechtenstein. Die Aufarbeitung einer Pandemie stellt keinen abgeschlossenen Prozess dar, sondern ist ein fortlaufender Vorgang. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und aktuelle Daten führen kontinuierlich zu einer Neubewertung und Weiterentwicklung der Erkenntnisse. Somit ist auch das Ministerium für Gesellschaft und Justiz bestrebt, diese laufenden Entwicklungen stets aufmerksam zu verfolgen und zu evaluieren. Dabei beziehen wir vor allem internationale Aufarbeitungen und Studien mit ein, um daraus Erkenntnisse für Liechtenstein zu gewinnen. Aufgrund der Grösse unseres Landes und der damit verbundenen begrenzten und statistisch belastbare eigenen Daten- und Ressourcenlage während der Covid-19-Pandemie, ist Liechtenstein auf den Einbezug sowie den Austausch und die Nutzung internationaler Erfahrungen und Studien angewiesen, um eine fundierte und umfassende Pandemieaufarbeitung zu gewährleisten. Dieser Prozess wird aufgrund fortlaufender Erkenntnisgewinnung voraussichtlich weiterhin andauern.
Ich zitiere aus einen «Vaterland»-Bericht: «Wenn sich aber jemand eigenverantwortlich gegen die Vakzine entscheidet, müsse er auch die Verantwortung für die wirtschaftlichen Konsequenzen übernehmen», gemeint war die Lohnfortzahlung für Ungeimpfte in der Quarantäne. Dürfen die betroffenen mit einer Entschuldigung vonseiten der Regierungsmitglieder, welche dem Zugestimmt haben, rechnen?
Die im «Vaterland» zitierte Aussage vom 7. September 2021 wurde nicht von der Regierung oder damaligen Regierungsmitgliedern abgegeben und waren auch kein direktes Zitat, sondern eine Formulierung des Mediums. Forderungen nach einer Entschuldigung sind daher unbegründet und zurückzuweisen. Zudem erachtet es das Ministerium für Gesellschaft und Justiz nicht angebracht, nur in den Rückspiegel zu schauen, sondern vor allem einen gemeinsamen Blick nach vorne zu kultivieren.
Frage von Abgeordneter Seger Martin zum Thema:
drittes Geschlecht

Die Regierung schreibt aktuell mehrere Stellen aus und richtet sich dabei explizit an männliche, weibliche und diverse Personen. Dies wirft grundlegende Fragen zur Auffassung der Regierung über Geschlechteridentität und Gleichbehandlung auf.
Meine fünf Fragen:
Wie viele Geschlechter werden nach Auffassung der Regierung anerkannt und auf welcher gesetzlichen oder wissenschaftlichen Grundlage basiert diese Auffassung?
In der Verfassung ist ein binäres Geschlechtermodell mit den Ausprägungen Frau und Mann festgehalten. Dies sind auch die beiden Ausprägungen, die in den offiziellen Zivilstandsregistern eingetragen werden. Für politische Betrachtungen empfiehlt sich darüber hinaus, bei Geschlechterfragen drei grundsätzliche Ebenen zu differenzieren: eine biologische, eine rechtliche und eine soziale Ebene.
Was versteht die Regierung unter dem Begriff «Frau»? Welche biologischen, rechtlichen oder psychologischen Merkmale sind nach Ansicht der Regierung ausschlaggebend dafür, dass eine Person als Frau gilt?
Von wissenschaftlicher Seite wird die Frau bzw. das weibliche Geschlecht durch vier biologische Kennzeichen bestimmt:
- Zwei X-Chromosomen (Mann: X-Chromosom, Y-Chromosom)
- Sexualhormone Östrogen und Gestagen
- Primäre Geschlechtsorgane (Gebärmutter, Eierstöcke und Vagina)
- Sekundäre und tertiäre Geschlechtsmerkmale, die sich erst im Laufe des Lebens bilden
Ist es nach Auffassung der Regierung zulässig, dass eine Person, die biologisch männlich ist, sich jedoch als Frau identifiziert, Zugang zu Einrichtungen wie Umkleidekabinen oder Duschen in Schwimmbädern oder Sporthallen für Frauen beziehungsweise Mädchen erhält? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Die soziale Ebene: Die Regierung vertritt die Haltung, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt nur dann gelingt, wenn die Würde und Identität jedes Menschen geachtet wird. In Fällen wie dem Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen gilt es, Verständnis und Respekt gegenüber Trans-Personen zu fördern, ohne die Schutzbedürfnisse anderer, mehrheitlicher Gruppen zu vernachlässigen. Für Trans-Personen ist es essenziell (wie für alle Personen), dass sie so akzeptiert und respektiert werden, wie sie sind. Menschen, die realisieren, dass das innere Empfinden und das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht nicht übereinstimmen, spüren oft einen starken inneren Konflikt. Somit gilt es, sie so gut wie möglich zu unterstützen. Entscheidend ist ein Umgang, der auf Dialog, gegenseitiger Rücksichtnahme und pragmatischen Lösungen beruht, getragen von einer Kultur der Anerkennung und Offenheit.
Die rechtliche Ebene: Sofern eine Person rechtlich als Frau anerkannt ist, darf sie grundsätzlich auch die dafür vorgesehenen Einrichtungen nutzen. Trans-Frauen sind ebenfalls Frauen und sollten dementsprechend behandelt und vor Diskriminierung geschützt werden; für eine vollständige Gleichbehandlung gibt es jedoch (noch) nicht in allen Bereichen rechtliche Grundlagen. Die geltenden rechtlichen Grundlagen, konkretisiert beispielsweise in Nutzungs- und Hausordnungen, sind verbindlich und einzuhalten. Sie können und müssen bei Bedarf kritisch hinterfragt und gegebenenfalls geändert werden. Das verweist auf die Schnelle für angemessene, respektvolle und pragmatische Lösungen zurück auf die bereits ausgeführte soziale Ebene.
Kombination soziale und rechtliche Ebene: Gleichzeitig ist der Schutz der Rechte, der Privatsphäre und des Wohlbefindens aller Beteiligten ein zentrales Anliegen. Betreiberinnen und Betreiber öffentlicher Einrichtungen sind daher angehalten, bei Bedarf lösungsorientiert und respektvoll zu vermitteln, z. B. durch die Bereitstellung zusätzlicher Einzelkabinen oder genderinklusiver Räume. Bauliche Massnahmen müssen natürlich gut durchdacht werden, damit sich alle wohl und sicher fühlen.
Wie werden Personen mit einer als divers eingetragenen Geschlechtsidentität bei der Umsetzung von Geschlechterquoten in Führungspositionen bei der Verwaltung oder in Verwaltungsräten und so weiter, auf welche die Regierung grossen Wert legt, berücksichtigt? Werden sie einer bestimmten Geschlechtskategorie, männlich oder weiblich, zugeordnet oder separat erfasst?
Einen offiziellen Registereintrag „Divers“ gibt es gemäss Antwort auf Frage 1 aktuell nicht. Unabhängig davon besteht keine Verpflichtung zur Umsetzung einer Geschlechterquote für die Besetzung von Leitungsfunktionen der Landesverwaltung wie auch für die Bestellung von Mitgliedern für die strategische Führungsebene bei öffentlichen Unternehmen. Die Anstellungen erfolgen nach dem Qualifikationsprinzip.
Wie stellt die Regierung sicher, dass die Rechte und Schutzbedürfnisse von Frauen und Mädchen gewahrt werden?
Vorab im Allgemeinen, um den grossen ganzen rechtlichen Rahmen zu sehen: Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein schützt und fördert die Rechte von Frauen und Mädchen durch ein umfassendes rechtliches Rahmenwerk, darunter das Gleichstellungsgesetz sowie Schutzbestimmungen im Straf- und Arbeitsrecht. In Liechtenstein steht die Diskriminierung von Personen oder Gruppierungen unter anderem aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität unter Strafe. Diskriminierung ist im Strafgesetzbuch (§ 283) explizit verboten.
Der Fachbereich Chancengleichheit des Amtes für Soziale Dienste koordiniert gemeinsam mit Partnerinstitutionen (Infra, Frauenhaus, OSKJ, Schulsozialarbeit, Stiftung SOVORT, kijub, Verein für Männerfragen u.v.m.) vielfältige Beratungs-, Schutz- und Präventionsangebote, insbesondere gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Gleichstellung wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden. Männer, Väter und männliche Bezugspersonen sind aktiv in Bildungs-, Familien- und Präventionsarbeit eingebunden, um stereotype Rollenbilder zu hinterfragen und Gleichberechtigung mitzugestalten.
Liechtenstein bekennt sich ausdrücklich zu internationalen Übereinkommen wie der Istanbul- und der Lanzarote-Konvention und übernimmt damit die völkerrechtliche Verpflichtung, wirksame und umfassende Maßnahmen zum Schutz von Mädchen und Frauen vor jeglicher Form von Gewalt umzusetzen.
Konkret zur Frage von Umkleidekabinen und dergleichen: Es gilt der allgemeine rechtliche Rahmen, vielfach umgesetzt durch besondere Nutzungsordnungen oder ähnliches, die für einen geordneten und friedlichen Betrieb einzuhalten sind. Diese rechtliche Ebene und oftmals auch die baulichen Gegebenheiten entsprechen hergebrachterweise einem binären Geschlechtsverständnis. Zur Lösung allfälliger geschlechtsbezogener Fragen im Sinne des sozialen Friedens und des gegenseitigen Respekts sind wir somit erneut – wie oben bei Frage 3 – zurückverwiesen auf eine Kombination der sozialen und rechtlichen Ebene, wo immer möglich.
Frage von Abgeordneter Vogt Thomas zum Thema:
unverwaltete beziehungsweise verwaiste Rechtsträger

In diversen Medienberichten war in den vergangenen Tagen zu lesen, dass zahlreiche Rechtsträger in Liechtenstein derzeit über keine Verwaltungsorgane verfügen und deshalb nicht handlungsfähig sind. Begründet wird dieser Zustand durch die in Vergangenheit erfolgte Sanktionierung von liechtensteinischen Intermediären durch das OFAC. Um das Risiko einer weiteren Sanktion abzuwehren, treten liechtensteinische Organe aus den Rechtsträgern zurück. Gleichzeitig ist es im Anschluss schwierig, hier neue Organe zu finden, was in gewissen Fällen zu verwaisten Strukturen führt. Das macht die Rechtsträger handlungsunfähig, weil ein Widerspruch zwischen den Sanktionsauflagen und dem geltendem Recht besteht. Dies kann eine Ausgangslage sein, die für den liechtensteinischen Finanzplatz problematisch ist. Wie man aber lesen konnte, arbeitet die Regierung an einer Lösung.
Meine vier Fragen:
Wie viele verwaiste Rechtsträger gibt es derzeit in Liechtenstein?
Der Begriff «verwaiste» Rechtsträger ist kein eigentlicher Rechtsbegriff. Für die Behörden bzw. die Regierung handelt es sich bei «verwaisten» Rechtsträgern um solche, bei denen das amtliche Verfahren unterbrochen werden musste, da keine Person zum Liquidator bestellt werden kann. Das trifft derzeit auf rund 85 amtliche Verfahren zu. In diesen Fällen ist noch ungewiss, ob ein Liquidator bestellt werden oder ob nicht sogar der gesetzmässige Zustand wiederhergestellt werden kann. Diese «verwaisten» Rechtsträger sind handlungsunfähig. Vermögensverschiebungen sind somit nicht möglich.
Darüber hinaus sind derzeit ca. 350 amtliche Verfahren pendent, in denen zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes aufgefordert wurde, die Frist aber noch nicht abgelaufen ist. In ca. 40 Fällen wurde die Auflösung und Liquidation verfügt; diese Verfügungen sind noch nicht rechtkräftig.
Die Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes ist in allen aufgezeigten Fallkonstellationen möglich und kommt auch in allen Konstellationen regelmässig vor.
Abschliessend ist anzumerken, dass der Liquidator bei der Abwicklung von Rechtsträgern alle sanktionsrechtlichen Normen zu beachten und nach Abschluss der Liquidation der Stabsstelle FIU zu berichten hat. Sind die Vermögenswerte hingegen blockiert, weil z.B. Stifter oder Begünstigte sanktioniert sind, darf keine Vermögensverschiebung stattfinden und der Liquidator kann jeweils nur Vorbereitungshandlungen zur späteren Beendigung vornehmen.
Wo sieht die Regierung die Gründe für diese rechtliche Sackgasse, in welcher sich die verwaisten Rechtsträger befinden?
Wie zu Frage 1 angeführt, ist es richtig, dass es derzeit derartige «verwaiste» Strukturen gibt. Allerdings gibt es mehrere Gründe, die zu diesem Umstand beigetragen haben. So haben die erfolgten OFAC-Sanktionierungen ebenso zur aktuellen Situation beigetragen wie die Massnahmen der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Treuhandkammer (THK), die sich insbesondere auf die konsequente Beachtung der OFAC-Sanktionen inklusive der sogenannten «sector determinations» beziehen. OFAC-Sanktionsbestimmungen gehen in vielen Bereichen bedeutend weiter und tiefer als die EU-Sanktionen. Letztere werden von Liechtenstein autonom umgesetzt. Sämtliche dieser Massnahmen sind darauf ausgerichtet, ein allfälliges Risiko von direkten oder indirekten Sanktionsverstössen auszuschliessen und die Integrität des gesamten Finanzplatzes sicherzustellen. Das hat nun aber dazu geführt, dass es zu einer beträchtlichen Anzahl von Rücktritten aus den Organen der Rechtsträger gekommen ist. Es ist einerseits anzuerkennen, dass offenbar ein umfangreiches de-risking im Treuhandsektor stattgefunden hat. Andererseits führt dies in der Tat aber zu rechtlichen Herausforderungen in der weiteren Betreuung und allfälligen Liquidation. Eine Lösung ist im Interesse des Finanzplatzes notwendig und wird aktiv vorangetrieben.
Gab es von Regierungsstellen bereits Gespräche mit dem OFAC bezüglich des Umgangs mit Vermögenswerten verwaister liechtensteinischer Vermögensstrukturen?
Im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenerfüllung stehen sowohl die Stabsstelle FIU als auch die FMA in regelmässigem Austausch mit den zuständigen internationalen Partnerbehörden.
Was hat die Regierung geplant, um das Problem der verwaisten Strukturen anzugehen?
Das Amt für Justiz steht zu diesen Fragen seit längerer Zeit in Kontakt mit der FMA, der THK und dem Ministerium für Gesellschaft und Justiz. Es wurden bereits in der letzten Legislatur Lösungsansätze für diese äusserst komplexe Problemstellung geprüft und diskutiert. Das Ministerium für Präsidiales und Finanzen sowie das Ministerium für Gesellschaft und Justiz haben nun nach eingehender Prüfung der Sachlage entschieden, dass eine Steuerungsgruppe eingesetzt wird, welche zuhanden der Regierung zeitnah Lösungsoptionen zur Fortführung oder – falls dies nicht möglich ist – zur Abwicklung der genannten «verwaisten» Rechtsträger erarbeitet. Damit sollen die bisherigen Vorarbeiten konsolidiert und gebündelt werden, um gemeinsam an einer zeitnahen Lösung zu arbeiten. Die Steuerungsgruppe wird aus Vertretern von Behörden und Verbänden bestehen, um eine abgestimmte Vorgehensweise zu finden, die die verschiedenen innerstaatlichen und sanktionsrechtlichen Vorgaben im weiteren Verlauf rechtssicher abdeckt.
Frage von Abgeordneter Hasler Erich zum Thema:
Aufarbeitung der Covid-Zeit

Dr. Daniel Koch, während der Corona-Pandemie der Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit, schrieb am 28. Mai 2025 zu den Covid-Massnahmen von 2020[1]: «Viele der Prognosen und Modellrechnungen waren falsch. Grosse Teile der Kommunikation dienten nicht der Information, sondern der Angstmacherei. Aus heutiger Sicht gab es Massnahmen, welche mehr Schaden als Nutzen brachten». Zugleich sprach sich Dr. Koch für ein transparentes Aufarbeiten und öffentliche Diskussionen aus.
Der neue Gesundheitsminister hat im Mai-Landtag gesagt, dass die Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen sei und nannte als Ansatz eine «ethische und grundrechtliche Aufarbeitung». Eine ethische und grundrechtliche Aufarbeitung würde aber auch die vertiefte Analyse offener medizinischer Fragen bedingen. Auch in Liechtenstein wurden während der Covid-Krise viele kritische Stimmen ignoriert und Personen teils vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, was eine nachhaltige Spaltung der Gesellschaft bewirkt hat.
[1] https://www.nau.ch/news/stimmen-der-schweiz/daniel-koch-viele-covid-prognosen-waren-falsch-66994851
Meine fünf Fragen:
Einleitend folgende Bemerkung durch Emanuel Schädler: Die Berufung auf die heutige Einschätzung eines ehemaligen Experten ist immer mit Vorsicht zu geniessen. In diesem Fall ist sie auch nicht mehr sachlich gerechtfertigt, da die aktuelle Position von Dr. Daniel Koch weniger auf gesicherter wissenschaftlicher Evidenz basiert, sondern vielmehr eine persönliche Meinung darstellt. Diese wird von zahlreichen heute noch aktiv tätigen Fachexperten, die nach wie vor über fachliche Autorität und institutionelle Verankerung verfügen, deutlich infrage gestellt. Zudem bleiben viele seiner Aussagen – auch jene, die hier angeführt werden – unbelegt und werden ohne nachvollziehbare Quellen präsentiert, was ihre wissenschaftliche Tragfähigkeit weiter schwächt. Ausserdem gibt es viele Stellen, in denen Kochs Zitate aus dem Zusammenhang gerissen werden, um einen persönlichen Standpunkt bestätigt zu sehen. Das ist aber nicht nur in dieser Debatte leider „en vogue“, sondern auch eine Zeiterscheinung als Ausdruck einer fehlender Debattenkultur. Dass Prognosen und Modelle sich nicht als korrekt erwiesen, liegt in der Natur der Sache. Die Zukunft exakt vorherzusagen, ist nach bisherigen Erkenntnissen der Regierung nicht nur bei der Gesundheitsprävention nicht möglich. Darum muss man mit Modellen, Annäherungen und Prognosen arbeiten.
Was stellt sich die Regierung unter einer «ethischen und grundrechtlichen Aufarbeitung» konkret vor?
Unter «ethischer und grundrechtlicher Aufarbeitung» versteht die Regierung die zielgerichtete Analyse der Massnahmen und deren Entstehung aus der Warte der allgemeinen Ethik und der geltenden Grundrechte, und gerade nicht aus der alleinigen und bereits vielbesprochenen medizinischen und statistischen Warte. Ein gutes Beispiel ist der StGH-Entscheid zur 2G-Lösung: Hier wurde klar, dass die Menschen in Liechtenstein gegen Verordnungen die Gerichte anrufen können und ein (hier nun rechtlich) unabhängiges Urteil mit Fokus auf die Grundrechte bekommen. Es ist wichtig, dass wir die damalige Zeit aus einer heutigen neutralen und vor allem vielperspektivischen (das heisst eben nicht nur rein medizinischen oder statistischen) Warte analysieren. Wir wollen die Ergebnisse dazu nutzen, auf künftige Krisen adäquat vorbereitet zu sein und zu sehen, wo man künftig die Schwerpunkte legen muss – eben aus allgemein ethischer und geltend grundrechtlicher Sicht.
Werden bei der erwähnten Aufarbeitung wichtige medizinische Aspekte ebenfalls miteinbezogen?
Die Frage der medizinischen Aspekte ist im Sinne der Pandemie sicher eine wichtige. Hierzu laufen international Analysen und Auswertungen, bei denen wir aus Sicht unseres Kleinstaates womöglich nur begrenzt zu besseren Erkenntnissen kommen. Daher ist eine flankierende ethische und grundrechtliche Aufarbeitung (siehe Frage 1) so sinnvoll und hilfreich. Dies bietet neue und bisher nicht beleuchtete Perspektiven, die zu einer umfassenden Aufarbeitung zwingend gehören.
Wird die Regierung bei der Aufarbeitung auch kritische Stimmen miteinbeziehen, damit ein ausgeglichener Bericht erwartet werden kann?
Diese Frage ist klärungsbedürftig, weil man erst definieren müsste, was als eine «kritische Stimme» gilt. Wissenschaft ist immer auch in einem gewissen Sinne Kritik und sogar im Gesellschaftsministerium arbeiten Menschen, die als «kritische Stimmen» wahrgenommen werden können. Aber um die Akzeptanz einer Aufarbeitung breit abzustützen, wird Wert darauf gelegt werden, keine bereits beigezogenen (und in diesem Sinne befangenen und von vornherein fest positionierten) Expertinnen und Experten anzufragen. Wichtig ist uns eine ergebnisoffene Analyse.
Was gedenkt die Regierung zu tun, um die durch die Coronakrise hervorgerufene und teils immer noch vorhandene Spaltung der Gesellschaft zu überwinden?
Diese Spaltung kann nur überwunden werden, wenn sich alle einen Schritt aufeinander zubewegen. Das Gesellschaftsministerium hat in den vergangenen Wochen und Tagen sehr viele Gespräche mit vielen Menschen mit unterschiedlichen Ansätzen und Ansichten zu dieser Coronakrise geführt. Um die «Spaltung der Gesellschaft» überhaupt zu ermöglichen, braucht es Menschen, die sich «von der Gesellschaft abspalten lassen» wollen. Versöhnung und das Zuschütten von allfälligen Gräben ist keine Einbahnstrasse. Das kann nur im Dialog und freiwillig geschehen. In diesem Sinne ist das vom Ministerium vertretene «methodische» Gegenmittel gegen die gesellschaftliche Spaltung die Offenheit und Gesprächsbereitschaft, die Akzeptanz von Pluralität und die Einbindung und Berücksichtigung auch von gesellschaftlichen (Teil-)Gruppen.
Hat die Regierung schon eine Vorstellung davon, wie eine angemessene Antwort der Regierung an die Adresse der zeitweise vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossenen Mitmenschen aussehen könnte?
Die vom Fragesteller erwähnte «angemessene Antwort» definiert wohl jede/r individuell anders. Das haben wir in den zahlreichen Gesprächen der letzten Wochen auch feststellen und uns dieser Realität stellen müssen. Daher ist eine pauschale Antwort auf die gestellte Frage in diesem Fall nicht möglich. Es wird am Ende mit Sicherheit noch Personen geben, welche auch die erweiterte Aufarbeitung als ungenügend empfinden und dies und jenes noch fordern werden. Aber für uns ist es wichtig, die bisherige Aufarbeitung noch um Zusätzliches (siehe Frage 1) zu erweitern und vielleicht gerade dadurch den – wie es in der Frage heisst – «zeitweise vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossenen Mitmenschen» bereits eine Art Antwort zu geben und ein Zeichen zu setzen, dass die damaligen Ereignisse noch nicht vergessen sind und uns eine Lehre für die Zukunft sein sollen.
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