
Austausch in den Kendlmühlfilzen inspiriert neue Ansätze für das Ruggeller Riet
Wie lassen sich Naturschutz und Besucherinteresse in Einklang bringen? Diese Frage stand im Zentrum eines spannenden Austauschs, der am vergangenen Freitag im bayerischen Naturschutzgebiet Kendlmühlfilzen bei Grassau, nahe des Chiemsees stattfand. Organisiert wurde das Treffen vom Gemeindenetzwerk Allianz in den Alpen (AidA). Mit dabei waren der Bürgermeister von Grassau, Stefan Kattari, der Ruggeller Gemeindevorsteher Christian Öhri sowie die AidA-Vertreterinnen Katharina Gasteiger und Maya Simon.
Wie im Ruggeller Riet wurde auch in den Kendlmühlfilzen Torf abgebaut, was die Landschaft und die Lebensräume für Pflanzen und Tiere stark beeinflusste. Mit 800 Hektaren sind die Kendlmühlfilzen neunmal so gross wie das Ruggeller Naturschutz- und Smaragdgebiet, so dass für den industriellen Torfabbau im Jahr 1920 sogar ein flächendeckendes Schienennetz von 30km gebaut wurde. Während der Torfabbau in Ruggell nach dem zweiten Weltkrieg merklich zurückging, wurde der industrielle Torfabbau in Grassau erst 1988 mit der Erklärung der Kendlmühlfilzen zum Naturschutzgebiet eingestellt. Die Schienen begleiten heute noch einzelne Wege durchs Hochmoorgebiet.
Gelungene Besucherlenkung durch klare Regeln
Besonders beeindruckt zeigte sich Vorsteher Öhri von der professionellen Besucherlenkung vor Ort: Klare Wegbeschilderungen, zahlreiche Informationstafeln und gezielt platzierte Verbote – etwa für Fahrräder oder Hunde – sorgen für Ordnung und Rücksichtnahme. Gleichzeitig gibt es attraktive Alternativen, damit alle Interessen Platz finden. Ein Aussichtsturm mitten im Moor wurde zwar kontrovers diskutiert, hat sich aber bewährt. Bürgermeister Kattari betont: „Wer sich wirklich für die Natur interessiert, dem soll auch eine attraktive Möglichkeit geboten werden.“ Der Turm ziehe die Gäste gezielt an – und halte sie auf den Wegen.
Attraktiv für Einheimische
Auch das Thema Tourismus wurde angesprochen. Während die Chiemsee-Region ein bekanntes Ziel für Gäste aus aller Welt ist, bleiben die Kendlmühlfilzen bewusst im Hintergrund. Folglich gibt es nur eine beschränkte Anzahl an Parkplätzen, da die Besucher aus der Region zu Fuss oder mit dem Fahrrad kommen. Gleich sieht es Gemeindevorsteher Christian Öhri: „Wir freuen uns über Gäste aus der Region, wollen aber keinesfalls in touristischen Magazinen erscheinen.“ Mit Liechtenstein Marketing ist er hierzu im Austausch. Das Ruggeller Riet soll als lokales Naherholungsgebiet erhalten und ebenfalls bewusst im Hintergrund bleiben – mit Respekt gegenüber seiner sensiblen Natur.
Strategische Weiterentwicklung fürs Ruggeller Riet
Ob und welche Ideen aus diesem Austausch für das viel kleinere Naturschutzgebiet Ruggeller Riet übernommen werden, bleibt natürlich offen. Nach den Sommerferien möchte Öhri diese und viele weitere gewonnene Erkenntnisse mit seinem Gemeinderat und dem Amt für Umwelt besprechen. Ziel ist es, gemeinsam eine langfristige Strategie zur Besucherlenkung im Ruggeller Riet zu entwickeln. Der Austausch in Grassau hat dabei wertvolle Impulse geliefert – für ein Gleichgewicht zwischen Schutz und Zugänglichkeit.
Überblick über die Kendlmühlfilzen vom Aussichtsturm
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