Seit vier Monaten ist Hubert Büchel nun Regierungsrat für Inneres, Wirtschaft und Sport. Neben einer intensiven Einarbeitung konnte er bereits einige Akzente setzen. Welche dies waren und was er in Zukunft plant, schildert er im Interview.
Interview: Heribert Beck
Herr Regierungsrat, wie haben Sie die ersten vier Monate im Amt seit Ihrer Wahl im April erlebt? Wie war die Einarbeitung und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?
Regierungsrat Hubert Büchel: Die ersten Monate waren sehr intensiv. Natürlich hat man im Vorfeld eine gewisse Vorstellung davon, was einen erwartet – aber in der Realität nimmt das dann doch noch einmal ganz andere Dimensionen an. Auch jetzt, knapp vier Monate nach Amtsantritt, ist die Lernkurve weiterhin steil. Die Vielseitigkeit, die meine Position mit sich bringt, fasziniert mich jeden Tag aufs Neue. Dieses Amt ausüben zu dürfen, empfinde ich nach wie vor als grosses Privileg. Die Einarbeitung im Regierungsgebäude und mit meinem Team verlief sehr gut. Ich habe einen erfahrenen Generalsekretär an meiner Seite und durfte ein engagiertes Team übernehmen, das sich bereits in der vergangenen Legislatur tief in die verschiedenen Themen eingearbeitet hat. All das hat mir den Einstieg spürbar erleichtert. Die Zusammenarbeit in der Regierung ist sehr konstruktiv und von grosser gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Wir haben uns als Team gut gefunden. Das ist gerade in diesen turbulenten Zeiten enorm wichtig.
Ihr Aufgabengebiet umfasst Inneres, Wirtschaft und Sport. Was reizt Sie an diesen Fachgebieten?
Grundsätzlich ist es die Vielfalt dieser Ressorts, die den Reiz ausmacht. Als Finanzfachmann komme ich aus der Wirtschaft und kann in diesem Feld auch viel praktisches Wissen einbringen. Der Bereich Inneres ist thematisch sehr breit aufgestellt – er reicht von A wie Asylwesen über den Bevölkerungsschutz und die Landespolizei bis hin zu Z wie Zivilstandsamt. Für mich persönlich ist das ein besonders spannendes Feld, in das ich mich intensiv einarbeite. Der Sport wiederum ist für mich das Tüpfelchen auf dem I – er liegt mir seit jeher am Herzen.
In der Wirtschaft waren Sie bereits vor Ihrer Zeit in der Regierung beruflich zu Hause. Inwiefern hat Ihnen dies bei der Einarbeitung geholfen?
Wie bereits erwähnt, hilft mir meine praktische Erfahrung diesbezüglich sehr. Dennoch ist auch dieses Themenfeld sehr breit. Es umfasst zum Beispiel die meisten staatsnahen Betriebe und den Energiesektor. Ich komme auch an dieser Stelle nicht umhin, meinem Team und der zuständigen Amtsstelle für ihre Unterstützung zu danken. Dank ihrem grossen Know-how konnte ich mich gut einarbeiten und rasch Fuss fassen.
Nach vier Monaten haben Sie sicherlich bereits einen guten Einblick: Wie ist Liechtensteins Wirtschaft aufgestellt – gerade auch angesichts anhaltender geopolitischer Spannungen und Zollankündigungen aus den USA?
Ein grosser Vorteil der liechtensteinischen Wirtschaft ist ihre Diversifikation. Das macht sie sehr widerstandsfähig – oder wie man heute sagt: resilient. Gerade in herausfordernden Zeiten ist das ein grosser Pluspunkt. Bestätigt hat sich für mich auch die Stärke unserer «kurzen Wege». Der enge, regelmässige Austausch mit den Wirtschaftsverbänden und Staatsbetrieben ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Ich durfte bereits mehrere Betriebe besuchen und bin sehr beeindruckt, wie gut unsere Unternehmen aufgestellt sind und wie viel Innovationskraft in ihnen steckt.
Was kann der Staat unternehmen, um der Wirtschaft weiterhin bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten?
Vorausschauend handeln, klare Leitplanken definieren und dennoch flexibel bleiben – das ist aus meiner Sicht zentral. Wir müssen auch künftig stabile Rahmenbedingungen schaffen, damit unsere Unternehmen weiterhin investieren, sich weiterentwickeln und innovativ bleiben können. Dazu gehört der gezielte Ausbau internationaler Partnerschaften, um strategische Abhängigkeiten zu reduzieren und neue Märkte zu erschliessen. Ebenso wichtig sind Investitionen in die Infrastruktur, die Bildung und die Forschung. Zudem dürfen wir auch den nachhaltigen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen nicht aus den Augen verlieren.
Haben Sie bereits konkrete Vorstösse geplant?
Ja, wir haben sogar bereits konkrete Massnahmen getroffen. Aufgrund der aktuellen Zollthematik mit den USA wurden die Hürden für die Beantragung von Kurzarbeitsentschädigungen für betroffene Unternehmen gesenkt, um rasch Unterstützung zu gewährleisten. Zudem wird der Landtag im September über die «Stop the Clock»-Richtlinie beraten, welche insbesondere KMU bei den Berichtspflichten im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung entlastet. Weitere Vorhaben werden im Regierungsprogramm aufgeführt sein, das im dritten Quartal präsentiert wird.
Die Innenpolitik ist ein sehr breites Feld von der Sicherheit über die Migration bis hin zum Schutz vor Naturgefahren. Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf für Liechtenstein und welche Schritte möchten Sie gehen, um die sich stellenden Herausforderungen zu bewältigen?
Ein zentrales Thema ist derzeit die Sicherheitspolitik. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat uns deutlich vor Augen geführt, dass Sicherheit und Stabilität in Europa keine Selbstverständlichkeit mehr sind. Auch die sicherheitspolitische Neuorientierung der USA und die weltweit zunehmenden geopolitischen Spannungen zeigen, dass wir unsere Sicherheitsvorsorge neu denken müssen – auch als Kleinstaat. Ende März hat die Vorgängerregierung ein Konzept für eine integrierte Sicherheitsstrategie zur Kenntnis genommen. Dieses dient uns nun als wichtige Grundlage für die weitere Arbeit. In den vergangenen Monaten haben wir intensiv daran weitergearbeitet und zentrale Handlungsfelder identifiziert. Wichtig ist mir dabei auch zu betonen: Sicherheit ist heute ein sehr vielschichtiges Thema. Es geht nicht nur um Bevölkerungsschutz, sondern auch um Cyberrisiken, kritische Infrastrukturen, Energie und Migration. All diese Aspekte müssen wir in einem gesamtheitlichen Ansatz zusammenführen. Und: Eine wirksame Sicherheitspolitik ist für Liechtenstein nur in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit unseren Nachbarstaaten und internationalen Partnern möglich.
Ende April haben Sie die Innenminister der deutschsprachigen Staaten getroffen. Inwiefern haben die Partnerstaaten mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen wie Liechtenstein und in welchen Bereichen ist die Situation eine ganz andere?
Nach gut zwei Wochen im Amt war es für mich eine besondere Ehre, an diesem Treffen teilzunehmen. Ich habe den offenen, vertrauensvollen Austausch auf Augenhöhe sehr geschätzt. Auch wenn die Länder in ihrer Grösse unterschiedlich sind, ähneln sich die Herausforderungen doch stark – und was besonders wichtig ist: Viele davon lassen sich nur gemeinsam lösen. Der enge Dialog mit den Nachbarstaaten ist daher von grosser Bedeutung.
In Ihrem dritten Aufgabenbereich, dem Sport, fühlen Sie sich als ehemaligen Fussballer und LFV-Funktionär sicher ebenfalls zu Hause. Daher dürfte Ihnen die Antwort auf die Frage, wie sportlich Liechtenstein ist, keine Mühe bereiten.
Wie bereits erwähnt, ist der Sport für mich eine echte Herzensangelegenheit. Ich kann mit Überzeugung sagen: Die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner sind sehr sportlich unterwegs – sowohl im Alltag als auch in der Freizeit. Welch hohen Stellenwert der Sport in unserem Land hat, zeigt auch das regelmässig durchgeführte Sportmonitoring.
Dies betrifft, so erfreulich es ist, vor allem den Breitensport. Im Spitzensport gehören grössere Erfolge – von einigen Ausnahmen abgesehen – mehrheitlich der Vergangenheit an. Was kann die Politik unternehmen, um Liechtensteins Sportler so zu unterstützen, dass der Abstand zur Weltspitze wieder geringer wird?
Diesbezüglich muss man realistischerweise sagen: Wer es in die Weltspitze oder in die Nähe davon schafft, ist eine absolute Ausnahme. Bei einer Bevölkerung von rund 40’000 Menschen kann ein Land nicht regelmässig Weltklasse-Athletinnen und -Athleten hervorbringen. Trotzdem ist mir wichtig, zu betonen, dass unsere Spitzensportlerinnen und -sportler Grossartiges leisten – auch wenn sie nicht zur absoluten Weltelite zählen. Sie beweisen enormen Einsatz, Disziplin und ganz viel Herzblut. Politisch wurde in den vergangenen Jahren bereits viel unternommen, etwa in Form der Unterstützung durch Anstellungen beim Liechtenstein Olympic Committee oder hinsichtlich der Kombination von Ausbildung und Sport. Wir bleiben dran und wollen die bestehenden Strukturen weiter verbessern.
Abschliessend und zum Ende der politischen Sommerpause noch die Frage: Wie haben Sie in den Ferien abgeschaltet und was wünschen Sie sich für die zweite Jahreshälfte?
Ich war auf dem Bodensee segeln – Sonne, Wasser und Wind pur. Danach ging es zum Wandern: frische Luft, Weitblick und Ruhe. Die perfekte Mischung, um den Kopf freizubekommen und neue Energie zu tanken. Gleichzeitig hatte ich endlich Zeit, in Ruhe zu lesen und mich intensiver mit einigen Themen zu befassen, die in den vergangenen Monaten etwas zu kurz gekommen sind. Für die zweite Jahreshälfte wünsche ich mir, dass wir den bislang an den Tag gelegten Schwung beibehalten – mit der gleichen Energie, dem starken Teamgeist und dem klaren Willen, gemeinsam etwas zu bewegen. Ich freue mich darauf, weiterhin mit vollem Einsatz für unser Land zu arbeiten.