Als einzige Unterländer Gemeinde trägt Gamprin zum horizontalen Finanzausgleich bei, statt Mittel aus ihm zu beziehen. Dies ist ein deutlicher Indikator dafür, wie erfolgreich die Entwicklung der vergangenen Jahre war. Im Interview zeigt Vorsteher Johannes Hasler auf, was die Gemeinde unternimmt, um diesen bewährten Weg auch in Zukunft zu beschreiten und welche konkreten Projekte als Meilensteine vorgesehen sind.

Interview: Heribert Beck

Johannes Hasler, Gemeindevorsteher vom Gamprin

«Wenn wir auch in Zukunft
solche positiven Rechnungs-
abschlüsse präsentieren dürfen,
wie es für das Jahr 2024
der Fall war, können wir uns
sicher sein, dass wir uns den Handlungsspielraum erhalten,
um die Gemeinde im Sinne
der Bevölkerung
weiterzuentwickeln.»

 

Herr Gemeindevorsteher, ein Sommer wie aus dem Bilderbuch geht langsam zu Ende. In Gamprin und Bendern war wieder viel los. Wie oft waren Sie beispielsweise Gast bei den Mittwochtreffs in der Grossabünt und was gefällt Ihnen an diesen Anlässen besonders gut?
Gemeindevorsteher Johannes Hasler: Ich habe die wunderbaren Veranstaltungen, welche die Kulturkommission auch in diesem Jahr wieder auf die Beine gestellt hat, wann immer möglich besucht. Es ist schön zu sehen, wie sich die Mittwochtreffs inzwischen etabliert haben und wie sie zu einem Ort der Begegnung und des Austauschs geworden sind, an dem man immer viele Bekannte aus unserer Gemeinde trifft. Genau das war auch unser Ziel. Denn unsere Grossabünt ist ein grossartiger Treffpunkt, der sich für solche Anlässe mehr als nur anbietet. In diesem Zusammenhang habe ich in dieser Woche auch den ersten «Austausch auf dem Sofa» angeboten. Ich war bereits vor dem Beginn des Mittwochtreffs vor Ort und habe mich auf besagtem Sofa mit Einwohnerinnen und Einwohnern über alles unterhalten, was ihnen auf dem Herzen lag. Nächste Woche besteht diese Möglichkeit übrigens nochmals.

Auch abseits der Mittwochtreffs hat der gesellschaftliche Zusammenhalt in Gamprin eine grosse Bedeutung. Die Gemeinde unternimmt viel in Sachen Seniorenarbeit, Vereinsförderung, Jugend- und Familienarbeit. Wie profitiert das Dorfleben davon?
Wir haben tatsächlich einen bunten Strauss an gesellschaftlichen Massnahmen im Angebot. Ich sehe dies als Teil unserer sozialen Verantwortung und damit als wichtige Aufgabe einer Gemeinde. Wir schauen hin und setzen um, was uns wertvoll erscheint. Ein aktuelles Beispiel ist die Einbindung von Primarschulkindern in das Projekt zur Verbesserung unseres Wander-, Fuss- und Radwegnetzes. Ganz grundsätzlich hat der Einbezug der Bevölkerung in unsere Projekte grosse Bedeutung für den Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung. Davon profitieren wir auf mehreren Ebenen. Generell ist ein intaktes Dorfleben wichtig für den Zusammenhalt. Aber auch langfristig erzielen wir einen Effekt, indem wir durch Vernetzung und Austausch eine positive Grundstimmung schaffen, womit wiederum eine tragfähige Basis für künftige Projekte entsteht.

Auch in Bezug auf die Förderung der Biodiversität ist Ihre Gemeinde sehr aktiv. Was ist der Hintergrund dieses Engagements, welches waren die jüngsten Projekte und was kommt kurz- sowie mittelfristig noch hinzu?
Der Lebensraum- und Artenverlust in der Tier- und Pflanzenwelt ist ein Thema, das jahrzehntelang einfach zur Kenntnis genommen worden ist, ohne dass viel dagegen unternommen worden wäre. Dies ist heute zum Glück anders. Die politischen Entscheidungsträger, aber auch die Bevölkerung, werden sich in Liechtenstein immer mehr bewusst, dass sie, wo immer dies möglich ist, korrigierend eingreifen müssen. Das ist zum Glück nicht nur in Gamprin der Fall. Wir wollen aber natürlich mit gutem Beispiel vorangehen und setzen eine Reihe von Projekten um. Ein jüngeres Beispiel ist der Innenhof der Gemeindeverwaltung, in dem wir Flächen entsiegelt, biodivers gestaltet und damit ökologisch aufgewertet haben. Das fördert nicht nur die Artenvielfalt, sondern ist auch schön anzusehen und sorgt gerade bei Hitze für ein angenehmes Mikroklima. Auch beim Projekt Unterbendern legen wir grossen Wert auf eine ökologische Gestaltung und Durchgrünung – trotz der hohen baulichen Dichte, die dort entsteht. In die Reihe unserer Biodiversitätsmassnahmen gehören aber auch Massnahmen im Gewässerraum, die wir in absehbarer Zeit umsetzen werden, oder die Neugestaltung des Blumengartens beim Pfarrhaus, die wir noch in diesem Jahr vornehmen werden.

Zur Nachhaltigkeit gehört auch das Windenergieprojekt auf der Gampriner Alp Rauz am Arlberg. Wie ist dort der aktuelle Stand und wie geht es weiter?
Um ein wenig weiter auszuholen: Wir haben im vergangenen Jahr in einem Letter of Intend festgehalten, wie wir zusammen mit den Illwerken und dem Verein LIGEN vorgehen möchten. Dies umfasst unter anderem eine Windmessung mit einem 80 Meter hohen Mast, um das Windkraftpotenzial der Rauz über ein Jahr zu erheben. Das Einholen aller Bewilligungen hat einige Zeit in Anspruch genommen, da wir Neuland betreten haben. Ein solcher Messmast war im Westen von Österreich noch nie in Betrieb. Im Juni konnten die Messungen schliesslich beginnen. Das Projekt ist auf ein Jahr ausgelegt, und wir sind nun gespannt, ob die Kampagne die guten Werte der ersten Messungen – damals in niedrigerer Höhe – bestätigt.

Erneuerbare Energie von der Gampriner Alp Rauz am Arlberg: Seit Juni ist ein 80 Meter hoher Messmast in Betrieb, der das Potenzial des Gebiets für die Stromerzeugung aus Windkraft eruiert.

In der Gemeinde selbst laufen ebenfalls umfangreiche Infrastrukturprojekte. Das grösste ist die Entwicklung von Unterbendern. Wie sind die Rückmeldungen?
Ausschliesslich positiv. Rückblickend scheint es mir so, als habe die Bevölkerung regelrecht auf einen grossen raumplanerischen Wurf beziehungsweise auf ein Zielbild, auf das es sich hinarbeiten lässt, gewartet. Der Einbezug der Einwohnerinnen und Einwohner gewährleistet dabei eine hohe Akzeptanz. Und es freut mich, dass andere Gemeinden in ihrem Vorgehen bei der Raumplanung inzwischen auch den Weg beschreiten, den wir mit der Entwicklung von Unterbendern vor einigen Jahren eingeschlagen haben.

Die Umgebung des Gemeindehauses wurde im Rahmen eines Pilotprojekts ökologisch aufgewertet – mit dem Ziel, die Biodiversität im Siedlungsraum nachhaltig zu fördern.

Wie geht es mit dem Projekt weiter?
Wir haben Anfang dieses Jahres mit Johannes Götz einen Architekten eingestellt, der sich ausschliesslich mit der Entwicklung von Unterbendern befasst. Das allein zeigt schon die Bedeutung, die wir diesem zukunftsweisenden Projekt einräumen. Die neue Stelle hat ihm aber auch nochmals grossen Schub verliehen. Aktuell laufen zahlreiche Planungen und Konkretisierungen. Zu diesem Zweck findet ein intensiver Austausch mit dem entsprechenden Begleitgremium statt. Parallel sind wir mit Abstimmungen mit den zuständigen Ämtern der Landesverwaltung und mit der angrenzenden Gemeinde Eschen beschäftigt. Wir befinden uns in einem fordernden Prozess, aber der Vorteil ist, dass wir rasch vorwärtskommen. Denn sichtbare Ergebnisse in nützlicher Frist sind unser erklärtes Ziel. Schliesslich wollen wir den Raum für die Bevölkerung nutz- und erlebbar machen.

Der Jugendtreff B28 am Busknoten in Bendern.

Einen Raum, der derzeit noch stark durch den Verkehr geprägt ist. Was unternimmt die Gemeinde diesbezüglich?
Wir sind sehr aktiv mit dem Bodenerwerb für einen zukünftigen Mobilitätskorridor beschäftigt, um das Verkehrsproblem in Bendern langfristig zu lösen – und wir sind auf einem guten Weg. Natürlich handelt es sich bei den Verkehrsachsen, die Bendern erschliessen und queren, zu einem grossen Teil um Landstrassen. Doch mir ist es wichtig, dass der Boden zunächst einmal im Besitz der öffentlichen Hand ist. So schaffen wir die Grundlage, damit das Land in der Folge zügig die Umsetzung angehen kann.

Der Jugendtreff bei der ehemaligen Post innerhalb des Projektperimeters Unterbendern steht bereits. Wie wird er bei der Zielgruppe aufgenommen?
Er hat sich etabliert, wird regelmässig für Partys, aber auch für Lerncafés und andere Anlässe genutzt, welche die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbständig organisieren. Sie sind mit Unterstützung der Offenen Jugendarbeit dafür zuständig, den Treff mit Leben zu füllen – und sie machen es gut.

Bendern entwickelt sich gerade auch als Dienstleistungsstandort immer weiter. Was bedeutet die Ansiedlung der Bank Frick in diesem Zusammenhang?
Es handelt sich um den ersten grossen Mosaikstein in der Entwicklung Unterbenderns und zeigt damit, dass tatsächlich etwas Sinnvolles und Grosses entsteht, dass wir also nicht nur hypothetisch unterwegs sind. Durch die publikumswirksame Nutzung im Erdgeschoss des künftigen Hauptsitzes der Bank Frick entsteht ausserdem ein Mehrwert für die Bevölkerung, und die Gemeinde profitiert langfristig finanziell durch zusätzliche Steuereinnahmen.

Vertragsunterzeichnung zwischen Vertretern von Bank Frick und der Gemeinde Gamprin für das Neubauprojekt in Unterbendern. V. l.: CEO Edi Wögerer, VR-Präsident Mario Frick, Gemeindevorsteher Johannes Hasler, CFO Melanie Mündle und Vizevorsteherin Barbara Kind

Kein Fokus-Interview ohne Hoch- und Tiefbau: Was steht diesbezüglich in den kommenden Monaten und Jahren an Projekten an?
Im Bereich Tiefbau arbeiten wir an einer Analyse der Strassen und Werkleitungen. So schaffen wir die Basis für ein System, um die grossen Werte, die in unseren Strassen verbaut sind, langfristig zu erhalten und die Infrastruktur sinnvoll zu erneuern. Ein stets aktuelles Thema ist auch die Verkehrsberuhigung. Kürzlich konnten wir in der Widagass eine Tempo-30-Zone errichten. Diese Massnahme dient der Beruhigung eines Quartiers, das oft als Schleichweg genutzt wird, und damit der Sicherheit der Anwohner. Ausserdem ist sie ein weiteres Puzzlestück bei der allgemeinen Beruhigung der Wohngebiete. Seit 2013 ist es der Gemeinde Gamprin gelungen, fast alle Quartierstrassen zu entschleunigen. Ausserdem läuft im Moment die bereits angesprochene Verbesserung des Wander-, Fuss- und Radwegnetzes unter Einbezug der Bevölkerung. Die Ergebnisse werden wir bereits nach den Sommerferien im Gemeinderat behandeln und Massnahmen für konkrete Projekte definieren. Im Hochbau beschäftigen uns derzeit vor allem die Sanierung des Gasthofs Löwen in Bendern und die Ertüchtigung sowie Erweiterung des Vereinshauses. Beide Projekte befinden sich in der Vorbereitung zur Bauphase.

Mittwochtreffs: Vom 4. Juni bis zum 27. August präsentieren lokale Künstlerinnen und Künstler jeden Mittwoch bei freiem Eintritt ihr Können.

Finanziell fordern solche Aufgaben eine kleinere Gemeinde sicher in besonderem Mass. Dennoch besticht Gamprin immer wieder mit überaus positiven Abschlüssen. Wie gelingt dies?
Dabei spielen hauptsächlich drei Faktoren eine Rolle. Erstens betreiben wir eine aktive Ansiedlungspolitik in Bezug auf Unternehmen, was die Steuereinnahmen langfristig ausbaut und sicherstellt. Zweitens legen wir grossen Wert auf eine schlanke und effiziente Verwaltung mit niedrigen laufenden Kosten. Dabei sind wir auch gerne bereit, neue Wege zu gehen. Derzeit ist die Nutzung der Künstlichen Intelligenz beispielsweise ein grosses Thema in der Gemeindeverwaltung. Sie gibt uns die Möglichkeit, unsere Arbeit mit den angesprochenen schlanken Strukturen zu erledigen und trotzdem genügend Zeit für den direkten Kontakt mit den Menschen zu haben. Wir konnten bereits Optimierungen erzielen, befinden uns aber erst ganz am Anfang des Projekts. Weitere Schritte, wie die Integration in eine Art Intranet, auf dem unsere KI den Mitarbeitenden zur Verfügung steht, soll noch in diesem Jahr folgen. Drittens setzen wir, um die Ausgaben niedrig zu halten, auf kostensparende Kooperationen über Gemeindegrenzen hinweg. Insbesondere mit Ruggell und Schellenberg nutzen wir zahlreiche Synergien.

2024 war Ihre Gemeinde sogar so erfolgreich, dass sie neben den finanziellen Schwergewichten Schaan und Vaduz als einzige Beiträge an den horizontalen Finanzausgleich leisten musste. Inwiefern wird dies den Gemeindehaushalt künftig belasten?
Etwas abgeben zu müssen, wird vielleicht oft zu schnell als Belastung gesehen. Es kann meines Erachtens auch ein Privileg sein. Wir würden jedenfalls gerne weiterhin zum horizontalen Finanzausgleich beitragen, wenn wir auch in Zukunft solche positiven Rechnungsabschlüsse präsentieren dürfen, wie es für das Jahr 2024 der Fall war (schmunzelt). Denn dann können wir uns sicher sein, dass wir uns den Handlungsspielraum erhalten können, um die Gemeinde im Sinne der Bevölkerung weiterzuentwickeln.

Angesichts so vieler positiver Botschaften konnten Sie als Vorsteher sicher einen entspannten Sommer verbringen. Wie und wo haben Sie abgeschaltet?
Dem ist so. Ich war mit meiner Familie zwei Wochen in Dänemark und habe es genossen. Ferien sind für mich aber nicht nur Entspannung. Ich hole mir auch gerne Inspirationen. Kopenhagen ist beispielsweise ein gutes Vorbild für die Entflechtung der Verkehrsmittel und die Förderung des Langsamverkehrs.

 

Mit welchen Zielen starten Sie, frisch erholt und inspiriert, nach dem baldigen Ende der Sommerpause wieder in die politische Arbeit?
Wie immer ist es mein Ziel, dass die Gemeinde Gamprin in ihrer Arbeit verlässlich bleibt und ihre unterschiedlichsten Themen aktiv bearbeitet. Im zweiten Halbjahr 2025 beschäftigen uns ausserdem mehrere Anlässe, bei denen wir uns im kommenden Jahr auf Landesebene präsentieren dürfen. Unsere Feuerwehr richtet den Landesfeuerwehrtag aus. Ausserdem sind wir zweimal Gastgemeinde: am Staatsfeiertag und an der LIHGA. Und ich bin überzeugt, dass wir unsere Gemeinde und ihre Vorzüge an all diesen Anlässen gebührend darstellen werden.