Ein wesentlicher Programmpunkt im dichtgedrängten  Besuchsprogramm von Papst Johannes Paul II. in Liechtenstein bildete ein Treffen mit Jugendlichen. Papst und Jugend trafen sich auf Dux, oberhalb von Schaan, wo der Heilige Vater das Volk, das Land und das Fürstenhaus der Gottesmutter Maria weihte.

Text: Günther Meier

Eine grosse Zahl von Jugendlichen hatte sich zum Abschluss des Papstbesuchs auf Dux versammelt, um mit dem Heiligen Vater zu beten, zu feiern und in die Zukunft zu blicken. Nach Schätzungen hatten sich etwa 3000 Jugendliche dort eingefunden, wo schon Fürst Franz Josef II. im Zweiten Weltkrieg den Schutz der Mutter Gottes für Land und Volk erbeten hatte. Die Jugendlichen waren offensichtlich in einer Art von positiver Aufbruchstimmung, wollten nicht nur feiern, sondern mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche auch kritische Fragen diskutieren. Dazu kam es aber nicht, denn der offiziellen liechtensteinischen Kirche erschienen die Anliegen einer progressiven Gruppe von Jugendlichen als zu provokativ, weshalb diese Fragen im Vorprogramm der Jugendveranstaltung artikuliert wurden.

Als Papst Johannes Paul II. auf Dux eintraf, wurde das Oberhaupt der Kirche von einer jungen Frau mit dem typisch liechtensteinischen Gruss «Hoi Papst» begrüsst. Sie bedankte sich, dass sich der Heilige Vater speziell Zeit für eine Begegnung mit der Jugend nehme und wies auf das Symbol der Jugendlichen für diese Begegnung hin, einen Erdball: «Dieser Erdball hat uns in der Vorbereitungszeit begleitet. Er ist für uns zu einem starken Zeichen der Solidarität und Mitverantwortung geworden. Unser Land und seine Bewohner bilden in der grossen Völkerfamilie einen winzig kleinen Teil, aber doch gross genug, im Geist der Solidarität Mitverantwortung zu tragen. Die grosse, weite Welt wartet auch auf unser Miteinander und Füreinander.»

Der Papst nahm den eher ungewöhnlichen Willkommgruss «Hoi Papst» auf und rief den Jugendlichen «Hoi zemma!» zu. Nach dem Willen der Veranstalter sollte auch die Begegnung mit den Jugendlichen nicht durch Misstöne getrübt werden. Deshalb ging der Papst in seiner Ansprache nicht auf die Probleme der Weltkirche und der Armut in vielen Teilen der Welt ein, sondern hob die Verehrung der Mutter Gottes hervor.

Aber der Papst brachte auch Verständnis auf für die Anliegen der Jugend, besonders für die Kritik an der offiziellen Kirche. Es gebe manches zu kritisieren, es gebe immer wieder Ärgerliches und Schmerzliches, denn die Kirche sei eine Gemeinschaft von irrenden und sündigen Menschen. Dennoch rief Johannes Paul II. die Jugendlichen zu Verständnis für die Kirche auf: «Liebt eure Kirche!» Eingehend auf die Situation der Jugend in Liechtenstein, erklärte der Papst: «Liebe junge Freunde! Ihr lebt in einem wohlhabenden Land. Freut euch darüber, und nutzt die euch dadurch gebotenen Chancen. Seid euch jedoch zugleich der Verantwortung bewusst, die sich für euch daraus ergibt.» Materieller Reichtum sei an sich etwas Gutes, sagte der Papst weiter, solange wir nicht den Hunger der Seele in ihm ersticken. Weil man aber immer wieder in Gefahr sei, abhängig zu werden von dem, was man besitze, müsse man ganz bewusst das Verzichten üben. Sein Appell, regelmässig zur Beichte zu gehen und sich in Verzicht zu üben, ganz besonders was die Sexualität betreffe, fiel wahrscheinlich nicht bei allen Jugendlichen auf Zustimmung. Nicht alle waren zufrieden, dass es keine Diskussion über kritische Fragen gab, dennoch glich die Begegnung zwischen Papst und Jugendlichen einer fröhlichen Feier mit Musik, Gesängen und modernen Rhythmen.

Bei seiner Ankunft hatte der Heilige Vater eine Halsschleife mit einer Aufschrift erhalten, die sowohl gelten sollte für diese Begegnung als auch Motto war für die Volksmission 1985 der liechtensteinischen Kirche: «Aufbruch zum Leben». Dieses Motto bedeute, erklärte dazu ein Jugendlicher, zu Christus, dem wahren Leben, zu den anderen und zur Gemeinschaft aller aufzubrechen: «Wir wollen bei diesem Aufbruch im Glauben wachsen.»

Ein grosser Erdball, der über die Köpfe der Jugendlichen bewegt wurde, sollte ein Symbol sein für die Verantwortung der Menschheit für die ganze Welt. Was dem Papst verborgen blieb, weil in das Vorprogramm verwiesen, war eine «Reise» um die Welt, die in der Arktis begann. Die kälteste Zone der Erde war als Start ausgewählt worden, weil viele der Jugendliche eine bestimmte Wärme in der katholischen Kirche vermissten. «Wir sehnen uns danach», lautete die Botschaft dazu, «das Packeis zu durchstossen.» Erstarrte Mauern und Gesichter, eingefrorene Gedanken seien nicht die richtige Atmosphäre, um Hoffnung zu schöpfen und um Gemeinschaft zu erleben. In Erinnerung geblieben von der Begegnung des Papstes mit den Jugendlichen sind weniger diese kritischen Gedanken als die fröhliche Stimmung, die an ein Volksfest erinnerte.

 

Hier zelebrierte der Papst die heilige Messe.

Kurz vor 20 Uhr hob ein Helikopter mit dem Heiligen Vater an Bord von Dux ab, laut verabschiedet von den Jugendlichen, die ihm mit ihren Schleifen zuwinkten und gute Reise zurück in den Vatikan wünschten. Zuvor hatte der heutige Fürst Hans-Adam II., damals noch Erbprinz Hans-Adam, dem Papst mit herzlichen Worten für seinen Besuch in Liechtenstein gedankt. Für Liechtenstein sei dieser Pastoralbesuch ein «historisches Ereignis». Eine Mehrheit anerkenne auch, mit Johannes Paul II. eine «historische Persönlichkeit» getroffen zu haben. Eingehend auf die Rolle des Heiligen Vaters als kirchliches Oberhaupt in einer zunehmend individualisierten Welt, betonte Hans-Adam, bei seinen Auslandsreisen und Ansprachen habe Johannes Paul II. Aussagen gemacht, die oft unpopulär waren oder nicht dem Zeitgeist entsprachen. Und doch hätten viele Millionen in aller Welt zugehört. «Auch viele, die Sie nicht überzeugen konnten», wandte er sich direkt an den Papst, «haben Sie nähergebracht an den Glauben zu Gott.» In seinen weiteren Ausführungen ging Erbprinz Hans-Adam auf die Situation in der Welt ein und erklärte, die Menschheit lebe heute in einer Zeit des tiefen Wandels. Ideologien, die der Menschheit das Paradies auf Erden und eine absolute Gerechtigkeit versprochen hätten, erwiesen sich als gefährliche Illusionen. Deshalb könne man nur hoffen, dass es dem Heiligen Vater gelinge, mit seiner Botschaft möglichst viele Menschen anzusprechen und zu überzeugen.

Zehntausende Gläubige warteten im Sportpark auf den Papst.

 

Ein dicht gedrängtes Pastoralprogramm für den Papst

Bei seinem Pastoralbesuch absolvierte Papst Johannes Paul II. ein dicht gedrängtes Programm. Nach der Fahrt mit dem «Papamobil» vom Helikopterlandeplatz durch die Menge der Gläubigen zelebrierte er zusammen mit Bischof Johannes Vonderach und Priestern aus Liechtenstein eine Messe.

Nach der Eucharistiefeier folgte in seiner Residenz, dem Pfarrhof in Bendern, ein Mittag­essen mit dem liechtensteinischen Klerus.

Am Nachmittag begab sich der Papst mit Gefolge zum Schloss Vaduz, wo er mit dem Fürsten, dem Erbprinzen und weiteren Mitgliedern der fürstlichen Familien zusammentraf. Mit dabei auf Schloss Vaduz waren auch Vertreter von Regierung und Landtag.

Kurz vor 17 Uhr begab sich der Papst zur Pfarrkirche Vaduz, wo im Beisein von ­Kranken, Betagten und Behinderten ein Wort­gottesdienst stattfand.

Um 18 Uhr erfolgte bei der Dux-Kirche in Schaan eine Begegnung mit der Jugend. Danach verabschiedetErbprinz Hans-Adam den Heiligen Vater. Der Helikopters zum Flug­hafen Zürich startete um 19.40 Uhr.