Seit August 2024 ist Florian Meier Bürgermeister von Vaduz. Im Interview schildert er die Herausforderungen, die sich seiner Gemeinde stellen, und wie er sie zu meistern gedenkt. Besonders wichtig sind ihm dabei der Einbezug aller interessierten Kräfte und die Zusammenarbeit, auch über die Gemeindegrenzen hinweg. «Kooperation schafft Stärke», lautet eines seiner Credos.
Interview: Heribert Beck
Moderne Technologien
und Traditionen
widersprechen sich nicht.
Im Gegenteil:
Aus tiefen Wurzeln
kann ein starker
Baum wachsen.
Florian Meier
Bürgermeister Vaduz
Herr Bürgermeister, eines der dominierenden gemeindepolitischen Themen im ersten Halbjahr 2025 war die Abstimmung über den Vaduzer Gemeindebeitrag von rund 5,5 Millionen Franken für die Realisierung der Landesbibliothek im ehemaligen Post- und Verwaltungsgebäude. Sie haben sich klar dafür ausgesprochen. Was macht dieses Projekt aus Ihrer Sicht so bedeutend – und wie deuten Sie das unmissverständliche Ja von 64,8 Prozent der Stimmberechtigten?
Bürgermeister Florian Meier: Mich freut diese klare Zustimmung enorm, und ich werte sie als starkes Signal. Die Vaduzerinnen und Vaduzer sehen, dass die Landesbibliothek mehr ist als nur ein Ort für Bücher. Sie wird ein Ort der Begegnung, der Bildung und des Austauschs mitten in Vaduz. Diese Entscheidung gibt uns zudem den Rückhalt, in der Zentrumsentwicklung entscheidend voranzukommen – speziell beim Parkhaus Marktplatz. Für mich ist klar: Wer die Zukunft gestalten will, muss mutig investieren.
Die Zentrumsgestaltung scheint dem aktuellen Gemeinderat ohnehin ein zentrales Anliegen zu sein. Anfang des Jahres hat er sich für den Kauf von zwei Liegenschaften in der Nähe des Rathauses für 14 Millionen Franken ausgesprochen. Was ist auf diesem Areal geplant?
Solche Chancen kommen nicht zweimal. Mit dem Kauf dieser Liegenschaften haben wir die Möglichkeit geschaffen, diesen zentralen Ort aktiv zu gestalten, anstatt nur zuzusehen, wie er sich entwickelt. Das war ein strategisch wichtiger Schritt, der uns langfristig betrachtet zentrale Spielräume verschafft – und er zeigt, dass wir nicht nur verwalten, sondern gestalten wollen.

Apropos Gestaltung: Wie sehen die Pläne in Bezug auf den Rathausplatz aus und wann ist mit konkreten Ergebnissen zu rechnen?
Wir haben in den vergangenen Monaten verschiedene Szenarien geprüft und erste Ideen entwickelt. Ich lade alle Vaduzerinnen und Vaduzer zu einem Informationsabend am 23. Oktober 2025 um 18.30 Uhr in den Rathaussaal ein. Dort werden wir über den aktuellen Stand informieren. Der Rathausplatz soll ein Ort sein, der Identität stiftet. Deshalb ist uns die Mitwirkung der Bevölkerung ein besonderes Anliegen.

Welche weiteren Massnahmen planen Sie, um das Vaduzer Zentrum attraktiver und zukunftsfähig zu machen?
Das Parkhaus Marktplatz ist ein Dauerbrenner – und offen gesagt ist es überfällig, dass wir dieses Projekt angehen. Wer heute dort parkiert, weiss, wovon ich spreche. Es geht nicht nur um Parkplätze, sondern um die Aufenthaltsqualität im gesamten Zentrum. Wir wollen ein Vaduz, in dem man gerne verweilt – egal ob Bevölkerung, Arbeitnehmende oder Besucherin beziehungsweise Besucher. Aber natürlich soll auch das Ankommen unkompliziert funktionieren.
Und wie sieht es mit den Flächen ausserhalb des Zentrums aus?
Dort müssen wir die Balance halten: ein lebendiges Zentrum und gleichzeitig starke Gewerbegebiete. Im Neugut wollen wir den Betrieben Platz geben, um zu wachsen. Ebenso müssen wir uns mit der Natur auseinandersetzen. Starkniederschläge, Steinschläge, Hochwasserschutz – das sind keine abstrakten Themen, sondern handfeste Aufgaben. Dabei geht es um die Sicherheit aller Einwohnerinnen und Einwohner. Dazu kommt die Belebung unserer Quartiere – wie derzeit beim Landgasthof Mühle oder mit dem Erhalt unserer denkmalgeschützten Gebäude wie unlängst die Sanierung der Hofstätte Hintergass. Solche Orte stiften Gemeinschaft – als Restaurant, als Treffpunkt oder als Ferienziel.
Die Gemeindepolitik wirkt derzeit auffallend geschlossen. Die Zusammenarbeit im Gemeinderat scheint konstruktiver als in früheren Legislaturperioden. Wie erleben Sie das?
Ich kann nicht für frühere Zeiten sprechen. Wir diskutieren schon auch hart in der Sache, aber stets respektvoll im Ton. Das ist der Schlüssel. Politik lebt vom Ringen um die besten Lösungen, nicht vom kleinlichen Gegeneinander. Ich habe das Gefühl, dass wir derzeit mehr gestalten als blockieren – das wird auch bei den Projekten sichtbar, die jetzt anstehen respektive umgesetzt werden.
Einigkeit ist auch beim Thema Verkehr gefragt – insbesondere beim geplanten Ausbau des Rheindamms. Die Gemeinde hat Beschwerde gegen eine abschlägige Verfügung des Amts für Umwelt eingereicht. Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung?
Zum aktuellen Stand der Beschwerde liegt mir keine neue Information vor. Wir warten die Entscheidung der Beschwerdekommission ab.
Was wäre der nächste Schritt, falls die Gemeinde mit ihrer Beschwerde Erfolg hat – und in welchem Zeitrahmen?
Sollte die Gemeinde mit ihrer Beschwerde Erfolg haben, könnten wir das Projekt rasch wieder aufnehmen. Die Grundlagen und Pläne liegen bereit.
Und falls die Beschwerde abgelehnt wird? Gibt es bereits einen alternativen Plan zur Entlastung des Zentrums?
Der Ausbau des Rheindamms allein löst nicht alle Probleme, aber er kann Teil der Lösung sein. Die temporäre Umfahrungsstrasse hat gezeigt, dass sie Entlastung für das Zentrum bringen kann. Für mich ist wichtig, dass wir Lösungen entwickeln, die langfristig tragen – und nicht nur Pflaster auf alte Wunden kleben. Mit der Einführung des Ortsbusses Vaduz und den LieBike-Stationen wurden in der Vergangenheit bereits Schritte gesetzt.
Das neue Feuerwehrdepot im Norden der Schaanerstrasse steht kurz vor der Fertigstellung. Was passiert mit dem bisherigen Gebäude, das künftig von Ortsvereinen genutzt werden soll?
Am 8. November wird das neue Feuerwehrdepot an der Schaanerstrasse eröffnet. Und das alte Depot wird nicht leer stehen. Wir wollen es den Ortsvereinen öffnen. Das ist ein klares Bekenntnis zum Vereinsleben. Aber wir werden nicht einfach Räume verteilen – wir wollen zuhören, was die Vereine brauchen, und im Anschluss beispielsweise die Raum-
aufteilung sowie weitere bauliche Massnahmen durchführen. Das ist für mich partnerschaftliches Arbeiten.

Auch im Gebiet Mühleholz tut sich einiges: Kürzlich wurde das gemeinsam mit Schaan realisierte Stufenpumpwerk eröffnet, weitere Projekte – wie die geplante Kletterhalle – folgen. Wie wichtig ist Ihnen die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit?
Sehr wichtig. Wir dürfen nicht an der Gemeindegrenze stehenbleiben. Speziell nicht, wenn es um unsere gemeinsame Infrastruktur geht. Das Stufenpumpwerk oder die Strassenraumgestaltung beim Schwimmbad sind Beispiele dafür, wie es geht. Kooperation schafft Stärke – und Krisenfestigkeit.
Ein weiteres Grossprojekt betrifft das Rheinpark Stadion und dessen unmittelbare Umgebung. Was genau ist dort geplant – und wer wird davon profitieren?
Das Rheinpark Stadion und die gesamte Umgebung werden nicht nur modernisiert, wir machen daraus einen Ort für alle Generationen. Der Breiten- und Freizeitsport soll mehr Raum bekommen. Aber genauso wichtig ist: Wir wollen etwaige Spannungsfelder früh erkennen und gemeinsam im Dialog lösen.
Welche weiteren Vorhaben stehen kurz- bis mittelfristig an, um die Lebensqualität in Vaduz weiter zu steigern?
Wir haben eine volle Agenda. Marktplatz, Rathausplatz, Rheinpark-Anlage, neue Gewerbeflächen, das Solarfaltdach im Fabrikweg, die Arbeiten beim Riethof oder das Grundwasserpumpwerk Wiesen 2, um einige zu nennen. Parallel gestalten wir auch die Bereiche rund um das Freibad Mühleholz neu, was die Aufenthaltsqualität in diesem Bereich deutlich erhöhen wird. Ein sehr grosses Anliegen ist mir die Beteiligung der jungen Generation – der Mitwirkungstag am 26. Oktober 2025 im Vadozner Huus ist ein starkes Signal. Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren sind eingeladen, unsere Gemeinde mitzugestalten – auch bei der Zentrumsentwicklung. Ebenfalls in diesem Bereich aktiv ist die Arbeitsgruppe «Kinderfreundliche Gemeinde», beispielsweise mit der Analyse unserer Spielplätze. Wir haben das Glück, an einem wunderbaren Ort zu leben – und es liegt an uns, ihn gemeinsam weiterzuentwickeln, damit auch künftige Generationen darauf aufbauen können. Aber genauso gilt es, auf die ältere Generation zu schauen. «Wohnen im Alter» muss in Vaduz möglich sein. Dafür setze ich mich ein. Und ebenso dürfen wir unsere Mitarbeitenden in der Verwaltung und die Organisationsstruktur nicht vergessen. Diesbezüglich gilt es mit der Zeit zu gehen, denn ein moderner Arbeitsplatz ist keine Kür, sondern eine Pflicht.
Sie legen auch Wert auf die Pflege des Brauchtums. Was bedeutet Ihnen das ganz persönlich – und wie will die Gemeinde dieses Thema künftig begleiten?
Traditionen und Brauchtum sind kein nostalgischer Anhang, sondern Teil unserer Identität. Moderne Technologien und Traditionen widersprechen sich nicht. Im Gegenteil: Aus tiefen Wurzeln kann ein starker Baum wachsen. Mit Projekten wie der neuen Brockenstube und dem Wohnmuseum «Doozmool» schaffen wir Räume, in denen Geschichte lebendig wird. Abschliessend lade ich alle ein, sich mit uns gemeinsam auf diesen zukunftsweisenden und spannenden Weg zu machen. Wir sind eine Gemeinschaft, und jede und jeder leistet einen wertvollen Beitrag, damit unser Zuhause das bleibt, was es schon lange ist: Ein Ort, der uns alle verbindet und uns am Herzen liegt.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.